Skip to main content

Das ideale Mikroquartier für die Stadt der Zukunft

Knapp zwei Jahre lang hat ein Projektteam um das IBO Stadtareale in Mikroquartiere gegliedert, Szenarien der Energieversorgung durchgespielt, Ökobilanz- und Lebenszykluskostenberechnungen für zig Gebäudevarianten durchgeführt und Mobilitätsagenten virtuell losgeschickt. Wie sehen nun „ideale“ Mikroquartiere aus, die Klimaverträglichkeit, Energieeffizienz und Lebensqualität bieten? Wie funktioniert die Smart City Mikroquartier-Methode in der Praxis und was leistet sie im Sinne einer agilen Stadtplanung?

ArchitekturBaustoffe und BauteileForschungSmart City

Ziel des im Juni 2018 abgeschlossenen Forschungsprojekts Smart City Mikroquartiere war die Entwicklung eines Tools, mit dem man vorhandene Potenziale und Qualitäten eines Stadtareals rasch abschätzen kann. Die Grundidee ist, das Gebiet in kleinere Bausteine – Mikroquartiere – zu zerlegen, die bereits alle wesentlichen Eigenschaften des Siedlungsgebiets aufweisen (Details zur Methode siehe Newsletter 03/18). Im Projekt wurden zwei Testareale untersucht: ein öffentlich gut angebundenes in Linz sowie ein kleinstädtisches Gebiet in Baden bei Wien. Als Ergebnis liegt ein umfangreicher Katalog an Optimierungsvarianten für drei Basismikroquartierstypen (Blockrand- bzw. Zeilenbebauung und Einfamilienhaussiedlung) vor. Diese wurden anhand verschiedener Kriterien auf ihre Qualitäten in den Bereichen Lebensqualität, Umwelt, Energie und Wirtschaft bewertet. Auf Arealsebene wurden die Themen Energienetze und Mobilität analysiert.

Das Ideal der „Stadt der kurzen Wege“ lässt sich in vielen Fällen erreichen, wenn die NutzerInnendichte erhöht wird. Bei vermehrter Nutzung wird in die Qualität der Infrastruktur investiert. So kann eine Nachverdichtung das Viertel aufwerten, indem sie attraktive Angebote und belebte Plätze mit sich bringt. Hohe bauliche Dichte und Kompaktheit wirken sich zudem positiv auf die Energieeffizienz, Ökobilanz und Lebenszykluskosten aus.

Für die Akzeptanz und letztlich die Umsetzbarkeit einer Nachverdichtung im Mikroquartier ist ein Themenbereich des Bewertungssystems entscheidend: Lebensqualität. Dazu gehören so unterschiedliche Aspekte wie die Tageslichtversorgung, Schutz vor Lärmbelastung, die vorhandene Infrastruktur, Nutzungsvielfalt und das Angebot an öffentlichem und privatem Freiraum. Im Forschungsprojekt wurden die Mikroquartiere mittels üblicher städtebaulicher Untersuchungsmethoden bewertet. Die verschiedenen architektonischen Nachverdichtungsvarianten zeigen deutliche Unterschiede im Freiraumangebot und damit in der Bewertung der Lebensqualität.

Weniger offensichtlich ist, dass man mit der Gestaltung des öffentlichen Raumes auch eine Stellschraube für umweltfreundlichere Mobilität zur Verfügung hat. Werden die Rad- und Fußweginfrastruktur optimiert und Shared Spaces eingerichtet, so ergab sich in der Simulation der Mobilität der Arealsbewohner eine starke Verschiebung vom motorisierten Individualverkehr hin zum Umweltverbund (Rad- und Fußverkehr sowie öffentliche Verkehrsmittel).
Wenn für eine gute Nutzungsmischung gesorgt ist und die Mikroquartiere für den Rad- und Fußverkehr durchlässig sind, werden insgesamt die Wege kürzer.

Die Nutzung Erneuerbarer Energie wird im entwickelten Indikatorensystem im Schwerpunkt „Energie“ positiv gewertet, wirkt sich aber auch in den Kategorien „Umwelt“ und „Wirtschaft“ aus: Die Resultate der ökologischen und ökonomischen Lebenszyklusbetrachtung zeigen, dass die weitaus höchsten Aufwände bei der Betriebsenergie der Gebäude liegen und durch energieeffiziente Baustandards und erneuerbare Energie massive Einsparungen möglich sind. Welche architektonische Nachverdichtungsvariante gewählt wurde, fiel dagegen kaum ins Gewicht.
In der Simulation der Energienetze auf Arealsebene wurde der Energiebedarf für Strom und Wärme berücksichtigt und eine Optimierung sowohl bezüglich Kosten als auch Emissionen angestrebt. Die Ergebnisse deuten in allen Fällen auf eine Elektrifizierung des Energiesystems hin, andere Energieträger verlieren an Bedeutung. Für die Deckung des Strombedarfs im gesamten Areal ist – besonders im Hinblick auf das Ziel der Emissionsreduktion – wieder die dezentrale Energieerzeugung durch PV wesentlich.

Aus dem Forschungsprojekt steht ein Katalog an bewerteten Basismikroquartieren mit Nachverdichtungsvarianten zur Verfügung; diese Mikroquartiere können in adaptierter Form für weitere Stadtareale verwendet werden. Im nächsten Jahr sollen erste Pilotprojekte umgesetzt werden.

Mehr dazu am BauZ! Kongress am Donnerstag, 14. Februar 2019 beim Vortrag „Smart City Mikroquartiere: Spielräume für die Stadtentwicklung“ sowie auf www.smartcity-mikroquartiere.at.

Projektteam:

IBO - Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH,
Kleboth & Dollnig,
FH Technikum Wien,
TU Wien, Energy Economics Group,
Umweltbundesamt GmbH 

Das Projekt „Smart City Mikroquartiere“ wurde im Rahmen der Programmlinie Stadt der Zukunft des BMVIT gefördert.

 

© Kleboth und Dollnig ZT GmbH