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Indoor Air Quality

Mittlerweile haben wir es schon alle gehört: wir MitteleuropäerInnen verbringen durchschnittlich 90 % unserer Lebenszeit in Innenräumen – im eigenen Heim, in Arbeits- oder Ausbildungsstätte, öffentlichen oder privaten Verkehrsmitteln, Wartezimmern, Lokalen oder Geschäften. Die Tatsache, dass wir in einer Zeit zunehmender Digitalisierung leben, trägt nicht gerade zu einer Entschärfung der Situation bei: Oft ist das eigene Heim zugleich der Arbeitsplatz, die Qualität der Raumluft in den eigenen vier Wänden ist relevanter denn je.

Farbe & BeleuchtungForschungMessung & MonitoringInnenraum

Keine Frage, dass sich die Wohnsituation in den letzten Jahren im Vergleich zur Zeit der Überbelegung, offenen Koch- und Feuerstellen in Innenräumen und Asbestbelastung verbessert hat. Doch so sehr Fortschritte in der Energieeffizienz von Gebäuden gemacht wurden, so rasch stieg der Anteil neuer, aus Optimierungsgründen chemikalienversetzter Baumaterialien. Diese Produkte beinhalten teils Substanzen, deren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt oft nicht abschätzbar sind.

Dichte Gebäudekonstruktionen tragen zu einer Verringerung des Wärmeverlustes bei, aber auch zu einer Verringerung der Ablüftung von Schadstoffemissionen – sei es aus Baustoffen, Ausstattungsmaterialien oder anthropogen verursacht. So haben wir zwar Häuser, die hinsichtlich ihres Heizenergiebedarfs optimiert sind, aber was nützt das, wenn wir krank werden durch Schadstoffe, die nicht ausreichend abgelüftet werden? Raumlufttechnische Anlagen als Ersatz bzw. Ergänzung der klassischen Fensterlüftung verbessern die Situation zwar, optimal wäre es allerdings, Schadstoffe im Innenraum gar nicht erst entstehen zu lassen.

Dies ist möglich durch eine bedachte Wahl von Bau- und Ausstattungsmaterialien und den richtigen Umgang mit Verbrennungsvorgängen im Innenraum (offene Feuerstellen – allen voran Ethanolöfen, Tabakrauch, Kerzen usw.). Damit lassen sich Schadstoffe wie flüchtige organische Verbindungen (VOC), Formaldehyd und Feinstaub weitestgehend vermeiden oder zumindest verringern. Kohlenstoffdioxid (CO2) als Stoffwechselprodukt des Menschen ist grundsätzlich kein Schadstoff, trägt aber ab einer gewissen Konzentration zu Kopfschmerzen und Leistungsverlusten bei und dient als Indikator für die Innenraumluftqualität. Vermeiden lässt sich eine zu hohe CO2-Konzentration durch ausreichende Frischluftzufuhr.

Der erwachsene Mensch atmet durchschnittlich rund 12.000 Liter Luft pro Tag ein und aus, bei sportlicher Betätigung mehr. Kleinkinder und Säuglinge atmen etwa doppelt so schnell wie Erwachsene und nehmen deshalb im Vergleich zu ihrer Körpermasse wesentlich mehr Luft auf. Luft ist neben Flüssigkeit und Nahrung ein wichtiges Lebensmittel und verdient unsere Beachtung. Wer ökologisch und gesund Bauen sagt, muss auch gesunde Raumluft sagen.

Deshalb erforscht das IBO seit Jahren die für Behaglichkeit und Gesundheit im Innenraum relevanten Parameter und ist maßgeblich beteiligt am Wegweiser für eine gesunde Raumluft (in Zusammenarbeit mit dem BM für Nachhaltigkeit und Tourismus, ehemals BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft). Bei den durchgeführten Forschungsprojekten betrachtet das IBO jeweils unterschiedliche Aspekte der Innenraumluft: verschiedene Bauweisen, einzelne Schadstoffgruppen oder die Gesamtwirkung der Raumluftsituation auf den Menschen werden untersucht.

Beeinflusst die Art der Gebäudebelüftung Gesundheit und Raumluftqualität?

In der 2014 abgeschlossenen Studie Lüftung 3.0 wurden Luftqualitätsdaten und Daten der BewohnerInnengesundheit von Wohngebäuden mit kontrollierter Wohnraumlüftung solchen ohne mechanische Lüftungsanlage – also wo die Lüftung rein über die Fenster erfolgt - gegenübergestellt. Gemessen wurden VOC, Formaldehyd, CO2, Hausstauballergene, Schimmelsporen, Radon, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und der Luftwechsel. Durchgeführt wurde die Studie in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien – Zentrum für Public Health, IBO Innenraumanalytik sowie AGES. Die Ergebnisse können hier eingesehen werden: www.ibo.at/forschung/referenzprojekte/data/lueftung-30/

Wie erwartet, kam es in beiden Haustypen im Verlauf eines Jahres zu einer Abnahme der Schadstoffkonzentration. Wie sich die Raumluftsituation jedoch innerhalb von mehreren Jahren entwickelt und ob sich die Haustypen (mechanisch belüftet vs. fensterbelüftet) dahingehend unterscheiden, wird im Folgeprojekt Indoor Air Scavenger untersucht. 

Wie verändert sich die Schadstoffbelastung im Zeitverlauf?

Und gibt es schadstoffreduzierende Materialien für den Innenraum?

Im Projekt (Indoor Air Scavenger), durchgeführt in Zusammenarbeit mit der Holzforschung Austria, Medizinischen Universität Wien und IBO Innenraumanalytik, wird ein Teil der Objekte und ProbandInnen aus Lüftung 3.0 erneut besucht, Gesundheitsdaten erhoben sowie Raumluftproben zur Bestimmung der VOC- und Formaldehydkonzentration genommen. Damit kann festgestellt werden, inwieweit sich Luftqualität und BewohnerInnengesundheit im Verlauf von etwa fünf Jahren verändert haben. Außerdem soll erhoben werden, ob hinsichtlich der Bauweise – Holz- vs. Massivbauweise – ein Unterschied in der Luftqualität besteht. Zudem wird in Laboruntersuchungen geprüft, welche Materialien (‚Scavenger‘) in der Lage sind, flüchtige organische Verbindungen aus der Raumluft zu binden und damit die VOC-Belastung zu verringern.

Neben genannten Schadstoffen wird der Verlauf von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und CO2-Konzentration über einen Zeitraum von einem Jahr in den Schlafräumen erhoben. Diese Daten werden in Echtzeit per GSM an das IBO übertragen und können von den ProbandInnen jeweils für ihr Haus/ihre Wohnung eingesehen werden. Ziel ist, Daten zu den Verläufen der Klimawerte sowie der CO2-Konzentration in Abhängigkeit von Tages- und Jahreszeit zu erhalten. Die ProbandInnen werden von der dafür eingesetzten Messstation (Human Smart Box) bei Gefahr der Schimmelbildung sowie einer erhöhten CO2-Konzentration visuell gewarnt und können entsprechend reagieren. Die Studie wird Mitte 2020 abgeschlossen werden.

Macht Staub krank?

Staub im Außenbereich ist schon lange im Fokus von UmweltmedizinerInnen und aufgrund des Dieselskandals hochaktuell. Aber auch im Innenraum sind wir mehr oder weniger stark mit Staub konfrontiert: entweder durch den Luftaustausch zwischen Innen und Außen oder durch Vorgänge im Innenraum selber – sei es durch Verbrennungsprozesse oder durch Abrieb von Materialien. Staub besteht aus Partikeln unterschiedlicher Fraktionen und Zusammensetzung. Gesundheitlich relevant ist vor allem Ultrafeinstaub - das sind Teilchen mit einer Größe von maximal 0,1 μm. Und zwar deshalb, weil die aufgewirbelten Teilchen mit der Atemluft aufgenommen werden und in die Lunge gelangen, wo sie Entzündungsreaktionen und im schlimmsten Fall Krebs hervorrufen können.  

Zur Zeit ist das IBO Projektpartner im interdisziplinär von MitarbeiterInnen der Holzforschung Austria, des Österreichischen Kachelofenverbandes und des Zentrums für Elektronenmikroskopie durchgeführten Forschungsprojektes Staubanalysen in der Innenraumluft.

Ziel des Vorhabens ist die quantitative und qualitative Untersuchung von Staub im Innenraum – teilweise in Verbindung mit dem eingesetzten Heizsystem – sowie die Erhebung der gesundheitlichen Auswirkungen der Staubbelastung. Senior Researcher der beteiligten Institute vertiefen im Zuge des Forschungsprojektes ihre Expertise im jeweiligen Tätigkeitsbereich. Die Forscherin des IBO (DI Ute Muñoz-Czerny) wird die Auswirkungen von Schadstoffen und klimatischen Innenraumbedingungen auf Gesundheit und Behaglichkeit untersuchen. 

Das strategische ACR-Projekt wird im August 2019 abgeschlossen.

Die Ergebnisse aus den Forschungsprojekten werden als Teil der Beurteilungsgrundlagen in die Bewertung von Bauprodukten aufgenommen, gewonnene Erkenntnisse dienen der Erweiterung des Dienstleistungsangebotes des IBO.

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Abb. 2: Kleine Artefakte in einer großen Matrix oder Bestandteile unbekannter Größe im Grundmaterial können mit großflächigen Elementverteilungsbildern sichtbar gemacht werden. Beispielhaft wurde isländisches Vulkangestein, das am Strand bei Búðir vorkommt, untersucht (pink – Aluminium, gelb – Silizium, grün - Kalzium, türkis – Magnesium).
Quelle: https://www.felmi-zfe.at/large-area-mapping/?parent=107
Abb. 1: Messgerät (BiVOC) zur Erhebung der Formaldehyd-konzentration in der Raumluft