Skip to main content

Passivhaus-Bauteilkatalog: Sanierung
Ökologisch bewertete Konstruktionen

Ökologisch Sanieren benötigt Know-how und Erfahrung. Das neue Buch des IBO ist deshalb als Planungswerkzeug konzipiert, das bestehende Lösungen systematisch aufarbeitet.

Lifecycle assessments and lifecycle costsBuilding physicsBuilding constructions – selection and optimisationRenovationPublikation

Bauphysikalische, konstruktive und ökologische Fallbeispiele werden nach der erfolgreichen Darstellungsweise des IBO Passivhaus Bauteilkatalogs [1] einheitlich mit Regelquerschnitten und Anschlussdetails in maßstäblichen Zeichnungen und zahlreichen Tabellen aufbereitet. Das Buch ist die ideale Ergänzung zum Passivhaus Bauteilkatalog: unverzichtbar für Planer und Bauherrn, die Immobilien nachhaltig sanieren wollen.
 

Zukunftsfähig modernisieren

Die im Buch im Detail vorgestellte Sanierung von Gebäuden auf Passivhaus-Standard führt zu Einsparungen des Heizenergiebedarfs von bis zu 90 %. Die großflächige Umsetzung solch energetisch hochwertiger Sanierungen ist wesentliche Voraussetzung zur Erreichung der Klimaschutzziele.
 

Gesamtkonzept

Wichtig bei hochwertigen Sanierungen ist es Einzelmaßnahmen aufeinander abzustimmen und am Sanierungsziel auszurichten. Dabei können Einzelmaßnahmen auch etappenweise umgesetzt werden. Die im Buch vorgestellten Sanierungsmaßnahmen schöpfen im Sinne von „deep renovation“ in jeder Einzelmaßnahme das gesamte Potenzial der Energieeffizienz aus.  
 

Komfortsteigerung und Nutzungsflexibilität

Die Sanierung mit Passivhaus-Komponenten garantiert bauphysikalische Sicherheit. Die Gebäude sind mit geringem Aufwand beheizbar. Der spürbarste Vorteil liegt aber im Komfort. Hohe Oberflächentemperaturen eröffnen dabei auch eine neue Flexibilität der Möblierung in der Schränke oder Sofas an die Außenwand gestellt werden können – ohne Gefahr von Schimmelpilzwachstum.
 

Systematische Aufbereitung

Systematisch werden Sanierungslösungen mit Passivhaus-Komponenten vorgeschlagen und nach technischen, bauphysikalischen und ökologischen Kriterien über den Lebenszyklus beschrieben und bewertet. Sie sind nach Bauaufgaben und -epochen geordnet und können leicht für die Entwicklung eigener Lösungen genutzt werden.
 

Bewertung der Qualität

Eine nachhaltige und wirtschaftlich vernünftige thermische Modernisierung sollte einen hohen Dämmstandard jedenfalls zum Ziel haben. Neben dieser Basisanforderung sind auch andere Qualitätskriterien wesentlich. Beispiele dafür sind eine Minimierung von Schadstoffemissionen aus Baustoffen, die ökologische Qualität der eingesetzten Baustoffe, die Verwendung von Recyclingmaterialien u.A.
Als Vorteile einer Zertifizierung nachhaltig und hochwertig sanierter Objekte können der Wettbewerbsvorteil bei Verkauf und Vermietung, die Qualitätssicherung und die Festlegung eines erhöhten Gebäudestandards hinsichtlich energetischer, ökologischer und den Wohnkomfort betreffender Kriterien genannt werden.
Energieeffizienz-Maßnahmen wie die Sanierung mit Passivhaus-Komponenten fließen dabei in Gebäudebewertungs-Systemen meist in mehreren Einzelkriterien wie Heizwärme-, Endenergie-, Primärenergiebedarf, CO2-Emissionen im Gebäudebetrieb, Luftdichtheit u.Ä. ein. Unterschiedliche Gebäude-Zertifizierungs-Systeme und Kriterien für die Sanierung werden im Buch skizziert.
 

Angewandte Methoden

Ökologie

Für die ökologische Bewertung werden die Ökobilanzindikatoren Primärenergieinhalt an nicht erneuerbaren Ressourcen (PENRT), Globales Erwärmungspotential (GWP), Versauerungspotential (AP) und der daraus aggregierte OI3 herangezogen. Bewertet werden Herstellungsphase und Austausch von Baumaterialien nach Ablauf ihrer Nutzungsdauer über einen Betrachtungszeitraum von 100 Jahren. Die Entsorgungswege und -prozesse werden auf Basis der heutigen Entsorgungspraxis mit Hilfe einer Matrix (Tab. 1) eingestuft, auf Bauteilebene zusammengeführt und daraus eine Einzahlbewertung abgeleitet.  
 

Kosten

Detaillierte Studien zu Kosten und Wirtschaftlichkeit hocheffizienter Gebäudesanierungen sind noch selten. Einige realisierte Gebäude zeigen, dass auch hier hohe Einsparungen realisierbar sind. Im Buch werden die Wirtschaftlichkeit der Sanierung mehrgeschoßiger Wohngebäude auf Standard des Niedrigenergiehauses, Standard EnerPhit und Standard Passivhausniveau und eine Sanierung entsprechend der gesetzlichen Mindestanforderungen gegenübergestellt (Abb. 1) und die wesentlichen Aspekte herausgearbeitet.
 

Sanierungsthemen

Spezifische Herausforderungen wie nicht abgedichtete Keller oder erdberührte Fußböden, Innendämmung, gestalterische Fragestellungen, Schadstofferkundung und die ökologische Qualität von Sanierungslösungen werden in speziellen Kapiteln behandelt. Einige dieser Aspekte werden nachfolgend umrissen.  
 

Feuchte

Bei mit Feuchte- und Schadsalz belastetem Mauerwerk – besonders relevant in Keller- und Erdgeschoß – ist im Zuge einer Sanierung das Ausmaß der Belastung festzustellen. Dies erfolgt durch Begehung vor Ort begleitet von einer Messung der Feuchteverteilung im Mauerwerk. Darauf aufbauend sind – bei erhöhter Feuchte und Schadsalzbelastung – geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen zu treffen. Die Sanierungsplanung ist an diese projektspezifischen Bedingungen anzupassen.  

Auf Grund der hohen Relevanz der Feuchte für das Raumklima  und die Dauerhaftigkeit von Konstruktionen werden folgende Themenschwerpunkte – die in Forschungsprojekten wie IDsolutions [2] oder Gründerzeit-Toolbox [3] detailliert erforscht wurden – im Buch behandelt und dargestellt:    
•    Die Problematik der Feuchte in Bestandsgebäuden und in der Sanierung
•    Einfluss von Passivhaus-Sanierungen ohne Feuchteabdichtung
      -   auf das Raumklima unbeheizter Keller
      -   auf das Bauteilverhalten nicht unterkellerter Gebäude  
•    Innendämmung mit einbindenden Holzbalkenköpfen
•    Mikroorganismen auf Fassadenoberflächen

 

Sanierungsvarianten im Kellerbereich

Maßnahmen zur Verbesserung des Wärmeschutzes auf Passivhausniveau im Erdgeschoß und Sockelbereich (Abb. 2.) beeinflussen wesentlich das Feuchteverhalten im Keller (Abb. 3 und Abb. 4). Typische Sanierungsvarianten wurden anhand von Simulationsreihen untersucht. Die Ergebnisse wurden in Form von Planungsempfehlungen im Buch aufbereitet. Lösungen mit Außendämmung und Bodenplattendämmung – sind beispielsweise ohne weitere Maßnahmen zur Reduktion des Feuchteeintrags – nur bei geringer Durchfeuchtung des Erdreichs geeignet.
Bei hoher Feuchtelast in der Konstruktion ist bereits der Gebäudebestand kritisch bezüglich Schimmelpilzbildung.
 

Innendämmung

Planungshilfen

Für die Planung und Ausführung von Innendämmungen und  anschließenden Bestandskonstruktionen sind einige Aspekte zu beachten [4], [5]:
•    Bauphysikalische Eigenschaften des Bestandsbauteils
•    Dämmsystem
•    Klima am Standort
•    Eigenschaften der äußersten Bauteilschicht
•    Innenraumklima
•    Kritische Anschlussstellen
 

Holzbalkenköpfe

Besondere Beachtung bei der Planung einer Innendämmung für ein Gebäude mit bestehenden Holztramdecken ist den im Mauerwerk aufliegenden Balkenköpfen zu schenken. Die Innendämmung führt zu einer verstärkten Ankopplung der Bestandskonstruktion an das Außenklima. Bei niedrigen Außentemperaturen kühlt das Holz im Auflagerbereich ab. Gelangt dann durch Konvektion feuchtwarme Luft aus dem Innenraum in die Konstruktion kann dies zu hohen Holzfeuchten und damit zu holzzerstörenden Prozessen führen.
 

Werkzeuge zur Beurteilung

Die Ergebnisse umfassender Simulationsreihen wurden für das Buch aufbereitet. Sie präsentieren den Stand der Wissenschaft in diesem Bereich. Die Berechnungssoftware wurde weiterentwickelt, damit künftig auch Bauteiltemperierung und Balkenkopfheizungen im zeitlichen Verlauf betrachtet werden können. Begleitet wurden die Simulationen durch ein Monitoring an realen Gebäuden. Die Ergebnisse der messtechnischen Begleitung unterschiedlicher Sanierungsprojekte bestätigten dabei das aus Planung und Simulation erwartete Bauteilverhalten.
 

Ergebnisse aus der Simulation

Resultieren in einer Simulation hohe Feuchtegehalte am Tramkopf, so ist dies zumeist auf zu niedrige Oberflächentemperaturen im Bereich des Tramauflagers zurückzuführen, wodurch es zur Anreicherung von Feuchtigkeit und einem erhöhten Risiko der Holzverrottung kommt. Eine Möglichkeit, dies zu verhindern, ist eine Temperierung des Holztrams im Auflagerbereich. Zu diesem Zweck kann eine Wärmequelle (z.B. Heizrohr oder elektrische Heizpatrone) in die Konstruktion integriert werden. Die Wärmequelle aktiviert sich, sobald an einem definierten Sensorpunkt eine festgelegte Mindesttemperatur unterschritten wird und heizt mit einer definierten konstanten Temperatur. Steigt die Temperatur am Sensorpunkt über die angegebene Mindesttemperatur, schaltet sich die Wärmequelle wieder aus. [6]
 

Temperierung

Die Auswirkungen einer Tramkopftemperierung wird nachfolgend am Modell einer durchgehenden Innendämmung unter Verwendung kritischer Randbedingungen gezeigt. Dabei werden unterschiedliche Anordnungen der Wärmequellen (Abb 5., grün) untersucht und als Auswertungspunkt die Stirnseite des Holzbalkenkopfes im oberen Bereich (Abb. 5, rot) betrachtet.  
Die Mindesttemperatur am Sensor-Punkt wurde mit 15 °C gewählt, die Heiztemperatur beträgt bei allen Varianten 30 °C. [6]
Die Varianten für die Lage der Wärmequelle (links) sowie das Temperaturfeld der Konstruktion zeigt Abb. 5, wobei  jener Zeitpunkt dargestellt wird, an dem der Holzbalkenkopf  bei der Variante ohne Temperierung die geringste Temperatur aufwies.
Bei der Variante mit Heizrohr in der Höhe der Sesselleiste wird der Holzbalken nicht genügend erwärmt (Abb. 5, oben) und es kommt zu einer Feuchteakkumulation (Abb. 6). Analog gilt dies auch für ein auf der Unterseite des Trams angeordnetes Heizrohr (Abb. 5, zweite von oben).
Bei einer Temperierung im Bereich des Mauerwerks (Abb. 5, dritte von oben) kann die Tauwasserbildung hingegen gezielt reduziert werden. Ebenso kann die relative Luftfeuchte bei Temperierung mit zwei Heizrohren (Abb. 5, unten) auf einem unkritischen Niveau gehalten werden.
Durch Variation der zulässigen Mindesttemperatur, der Heiztemperatur und Lage der Wärmequelle kann die Temperierung optimiert werden. [7]
Einfluss der Orientierung, der Schlagregenbelastung, unterschiedlicher Standorte, geringer und hoher Leckagen werden im Buch ausführlich behandelt und einer Bewertungsmatrix mit Ampelsystem zusammengefasst. Planer und Bauherren bekommen so schnell einen ersten Eindruck über die Grenzen und Möglichkeiten der beschriebenen Verfahren und Ausführungsvarianten und können dies in der weiteren Sanierung berücksichtigen.
 

Bauaufgaben

Kernstück des – als Planungswerkzeug konzipierten – Buches bilden die epochenbezogenen Sanierungslösungen. Fallbeispiele werden dabei bauphysikalisch, konstruktiv und ökologisch bewertet und nach der erfolgreichen Darstellungsweise des IBO Passivhaus Bauteilkatalogs einheitlich mit Regelquerschnitten und Anschlussdetails aufbereitet. Bestehende Lösungen werden für

  • Gebäude errichtet bis 1918
  • Gebäude errichtet 1920 bis 1950
  • Gebäude der 1950er und 1960er Jahre
  • Gebäude der 1970er Jahre
  • Gebäude der 1980er Jahre

präsentiert. Abb. 7 bis Abb. 9 zeigen exemplarisch ausgewählte Details mit Innendämmung für bis 1918 errichtete Gebäude.   
 

Resümee

Mit dem neuen Buch – mit Themenschwerpunkt Sanierung – wird der Erfolg des Passivhaus Bauteilkatalogs fortgeschrieben. Das Buch stellt ein unverzichtbares Planungswerkzeug für Planer und Bauherrn dar.   
Die beschriebenen Fallbeispiele können ohne großen Aufwand auf konkrete Sanierungsprojekte übertragen und für die spezifischen Anforderungen des Gebäudes adaptiert werden.
Insbesondere die ökologische Beurteilung unterstützt die Kommunikation mit Bauherrn, Planern, Ausführenden und Nutzern. Die einheitliche Darstellungsweise mit Regelquerschnitten und Anschlussdetails in maßstäblichen Zeichnungen und zahlreichen Tabellen erlaubt ein schnelles Erfassen der Inhalte und vermittelt die erforderlichen Informationen in übersichtlicher Form.
 

Literatur

  1.  IBO (Hrsg.): Passivhaus-Bauteilkatalog – Ökologisch bewertete Konstruktionen, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Wien: Springer 2009.
  2. Steiner, T.: Leitfaden IDsolutions – Sanieren mit Innendämmung. Haus der Zukunft, 2015.
  3. Steiner, T. und Keintzel-Lux, K.: Werkzeuge für die Sanierung – GründerzeitToolbox Teil III. IBOmagazin, 4/2015.
  4. Bauer, A., et al.: Praxis-Handbuch Innendämmung, FVI Fachverband Innendämmung e.V. (Hrsg.). 2016, Köln: Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG.
  5. WTA – Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V.: WTA Merkblatt 6-4 Innendämmung nach WTA I – Planungsleitfaden, 2009.
  6. Schwaller, J. und Wegerer, P.: Hygrothermische Analyse von Holzbalkenköpfen unter der Berücksichtigung von Luftströmungen – Abschlussbericht. Gründerzeit Toolbox, 2015.
  7. Steiner, T.: Gründerzeit-Toolbox – ein smartes Konzept für die Sanierung. Bausubstanz – Zeitschrift für nachhaltiges Bauen, Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege, 2/2016.

Research period

June 2017 –

Contact

BIRKHÄUSER 2017, 312 Seiten, gebunden, 440 Abbildungen (Farbe), 213 Tabellen (sw)
bestellungen: ibo@ibo.at
Tab. 1: Beurteilungskriterien für die qualitative Einstufung der Entsorgungseigenschaften von Baukonstruktionen (Buch Seite 11)
Abb. 1: Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsberechnung (Buch Seite 20)
Abb. 2: Ausgewählte Sanierungsvarianten im Kellerbereich (Buch Seite 27)
Abb. 3: Relative Feuchte und Temperatur im Inneneck Innenputzoberfläche der Außenwand zu Fußbodenoberkante bei gering durchfeuchtetem Erdreich (Buch Seite 46)
Abb. 4: Relative Feuchte und Temperatur im Inneneck Außenwand Innenputzoberfläche zu Fußboden-oberkante mit stark durchfeuchtetem Erdreich (Buch Seite 47)
Abb. 5: Modell durchgehende Innendämmung, Auswertungspunkte für die Balkenkopftemperierung grün, Lage der Wärmequelle rot, Varianten von oben: Temperierung mit Heizrohr Höhe Sesselleiste, mit Heizrohr unten, des Mauerwerks, mit Heizrohr oben und unten (o.M., Quelle [6], Buch Seite 60–61).
Abb. 6: Verlauf relativer Feuchte am oberen Ende der Stirnseite des Holzbalkenkopfes (Quelle: [6] Buch Seite 61)
Abb. 7: D31 | Außenwand Vollziegel mit Innendämmung, kapillarleitfähig – Dachausbau mit Sparrenaufdopplung (Buch Seite 120)
Abb. 8: D28 | Außenwand Vollziegel mit kapillarleitfähiger Innendämmung – Geschoßdecke Holzträme (Buch Seite 117)
Abb. 9: D23 | Außenwand Vollziegel mit Innendämmung – Erdberührter Fußboden, oberseitig gedämmt (Buch Seite 112)