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Infrarotheizung zur Vermeidung von Schimmelpilzbildung
Wirtschaftliche und dauerhafte Lösung zur Temperierung kritischer Außenwand-bereiche mit sensorgesteuerter Infrarotheizung

Der Einsatz stromversorgter Infrarotheizungen zum Beheizen von Räumen wird kontrovers diskutiert. Dies zeigt auch der von klimaaktiv zu diesem Thema zusammengestellte Fakten-Check Infrarotheizungen [Fechner 2016]. Infrarot-heizungen können auch zur Temperierung problematischer Bereiche an Wänden eingesetzt werden. Damit kann die Schimmelpilzbildung auch bei schwierigen Randbedingungen unterbunden werden. Autor: Tobias Steiner, IBO

SanierungBauphysikFeuchte und SchimmelpilzschädenMonitoring

Diese (noch) untypische Anwendung wird nachfolgend anhand eines konkreten Falls  beschrieben.

Begutachtung – Runde 1

Im Zuge der Begutachtung einer Erdgeschoßwohnung aus der Gründerzeit wurde ein verdeckter Schimmelpilzschaden bei einer an der Feuermauer angebrachten Innendämmung diagnostiziert. Ursache für den Schimmelpilzschaden war – wie so oft – eine Überlagerung mehrerer Schadprozesse.   
Erhöhte Bauteilfeuchte auf Grund kapillar aufsteigender Feuchte im Mauerwerk
nicht geeignete bzw. mangelhaft ausgeführte Innendämmung

Sanierungsmaßnahmen – Runde 1

Die schimmelpilzbelastete Vorsatzschale wurde entfernt und eine Horizontalabdichtung gegen die aufsteigende Feuchte ausgeführt sowie die Herstellung des erforderlichen Wärmeschutzes durch eine außen liegende Dämmung angedacht. Aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen konnte die außenliegende Wärmedämmung jedoch nicht realisiert werden.
Neue Mieter, neue Schimmelpilzbildung
Im Winter dieses Jahres wurde von den neuen Mietern – welche den an die Feuermauer grenzenden ca. 12 m² großen Raum als Schlafzimmer nutzen – ein Schimmelpilzwachstum festgestellt.

Begutachtung – Runde 2

Ursache für den Schimmelpilzschaden war auch diesmal eine Überlagerung mehrerer Schadprozesse bzw. ungünstiger Rahmenbedingungen:
mangelnder Wärmeschutz aufgrund der geplanten, aber nicht ausgeführten Wärmedämmung
die geometrische Wärmebrücke durch einbindende Bauteile (Boden und Innenwand)
ungünstige Möblierung

Sanierungsmaßnahmen – Runde 2

Zur Beseitigung der Schadursachen wurde – da eine Außendämmung nicht möglich war – die fachgerechte Planung und Ausführung einer Innendämmung an Feuermauer und einbindender Innenwand oder alternativ die Erhöhung der Oberflächentemperatur in den kritischen Bereichen durch Beheizung empfohlen.
Die Ausführung einer Innendämmung wurde vom Auftraggeber aufgrund zu geringer Raumtiefe – das Zimmer wird dann zu schmal für ein Standarddoppelbett – und der Tatsache, dass eine Außendämmung für das gesamte Gebäude angestrebt wird – nicht in Betracht gezogen.

Fachgerechte Sanierung des Schimmelpilzschadens

Zur Beseitigung des Schimmelpilzschadens wurde die Anwendung des Leitfadens Gesundheitsgefährdung durch biologische Arbeitsstoffe [BG Bau 2006] und der Schimmelpilzsanierungs-Leitfaden [UBA 2002] empfohlen, wobei die wesentlichen Punkte für den Auftraggeber bzw. den Ausführenden der Sanierung des Schimmelpilz-Schadens zusammengefasst wurden.

Entfernen des befallenen Materials

Desinfizieren betroffener Bereiche mit 70-prozentigem Ethanol/Isopropanol für trockene Flächen, bzw. 80-prozentigem Alkohol für feuchte Flächen
Kalkputz, Kalkanstrich oder andere mineralische Anstriche
Leider wurde bei der Sanierung des Schimmelpilzschadens, trotz ausdrücklicher Empfehlungen und der Beauftragung eines vermeintlich qualifizierten Unternehmens das befallene Material (kontaminierter Putz und Sesselleisten aus Holz) nicht entfernt. Ein erneutes  Schimmelpilzwachstum wird so wesentlich begünstigt.

Bauteiltemperierung

Alternativ zur Wärmedämmung als Sanierungsmaßnahme wurden für die Erhöhung der Oberflächentemperatur in den kritischen Bereichen verschiedene Ausführungsvarianten der Temperierung betrachtet. Es stand die Ausführung einer einfachen Schleife mit Heizungsrohr bzw. eine elektrische Wandheizung unter oder auf Putz zur Diskussion.

Infrarotheizung und Monitoring

Die Entscheidung des Auftraggebers fiel auf eine elektrische Beheizung der kritischen Bereiche durch 6 Infrarot-Heizelemente (Modellbezeichnung EGS-WHI-GL der österreichischen Firma ELIAS, Abmessungen 52 x 76 x 1,6 cm) mit einer Nennleistung der Heizelemente von je 45 Watt. Die Regelung wurde mit Komponenten der Firma EATON realisiert. Zur Qualitätssicherung und Optimierung der Betriebszustände wurde vom IBO ein Bauteil- und Raumklima-Monitoring installiert.

Die richtige Regelung

Das Infrarotheizsystem wird durch einen Sensor an der Wandoberfläche ein- und ausgeschalten. Die Grenzwerte wurden so eingerichtet, dass zum einen Schimmelpilzwachstum an den Oberflächen ausgeschlossen, zum anderen die benötigte Energie zur Temperierung möglichst gering gehalten werden kann.

Qualitätssicherung durch Monitoring

Die messtechnische Begleitung zeigte, dass es in den zuvor betroffenen Bereichen zu keiner erneuten Schimmelpilzbildung kommt. Das begleitende Monitoring erlaubt es, die Betriebszustände an die tatsächlichen Raumklimabedingungen weiter anzupassen und so den Energiebedarf für den Betrieb des Infrarot-heizsystems auf ein Minimum zu reduzieren.

Erkenntnisse aus den Messungen

Die Auswertung der ersten Messdaten des Raumklima-Monitorings hat eine erhöhte – über der Norm liegende – Feuchte der Innenraumluft aufgezeigt. Aufgrund des Zusammenspiels mehrerer ungünstiger Bedingungen – Wärmebrücke, ungünstige Möblierung, erhöhte Raumluftfeuchte aus der Raumnutzung und die mangelhaft durchgeführte Schimmelpilzsanierung – wurde als ergänzende Maßnahme zur Vermeidung kritischer Raumluftfeuchte und somit zur Verminderung des Risikos der Schimmelpilzbildung eine feuchtegesteuerte, nutzerunabhängige Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung empfohlen.

Zusammenfassung

Anhand des vorgestellten Beispiels wurden die typischen Herausforderungen einer fachgerechten und dauerhaften Sanierung eines Schimmelpilz-Schadens aufgezeigt. Wenn auch stets eine erhöhte Feuchtelast Ursache für das Schimmelpilzwachstum ist, so unterscheiden sich die Maßnahmen zur Behebung dieser Ursache von Fall zu Fall. Durch eine fachgerechte Beurteilung und die Ausführung einer sensorgesteuerten Infrarotheizung zur Temperierung kritischer Bereiche wurde für das beschriebene Projekt eine wirtschaftliche und dauerhafte Lösung entwickelt, die auf die besonderen Herausforderung eingeht. Durch die Installation eines Lüftungsgeräts kann das Risiko einer erneuten Schimmelpilzbildung weiter reduziert und der Komfort erhöht werden.       

Literatur

[Fechner 2016] Johannes Fechner: Fakten-Check Infrarotheizung, klimaaktiv bildung, Wien, 2016
[BG Bau 2006] Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (Hrsg): BGI 858 Handlungsanleitung, Gesundheitsgefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe bei der Gebäudesanierung, , München 2006
[UBA 2002] Umweltbundesamt (Hrsg): Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen, Dessau 2002

Forschungszeitraum

Juli 2017 –

Kontakt

Abb. 1: Erdgeschoßwohnung an der Grundstücksgrenze ohne Nachbarbebauung an der Feuermauer
Abb. 2: Kondensatbildung an den Scheiben als Indiz für hohe Raumluftfeuchte
Abb. 3: Kritische Bereiche in der Ecke, der einbindenden Innendwand und entlang der Sockelleiste
Abb. 4: Infrarotheizelemente zur Temperierung kritischer Bereiche der Feuermauer
Abb. 5: Anbringen der Heizelemente
Abb. 6: Heizelemente an der Feuermauer und der einbindenden Innenwand im Bereich der Ecke hinter dem Bett; Mess-System zur Steuerung und Qualitätssicherung
Abb. 7: Auszug aus der Auswertung der Messergebnisse des Bauteilmonito-ring, durch die Beheizung wird die Dauer kritischer Zustände so weit reduziert dass kein Schimmelpilzwachstum möglich ist (Risiko < 1)