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Wie baut Wien – Befriedigend, Gut, Sehr Gut oder Ausgezeichnet?

Mit diesen vier Bewertungskategorien werden beim IBO ÖKOPASS sieben Kriteriengruppen, bestehend aus mehreren Subkriterien, eingestuft. Ein Befriedigend entspricht den Anforderungen gemäß Bauordnung.Im Jahr 2017 wurden vom IBO 1.766 Wohneinheiten in insgesamt 24 Projekten des geförderten Wiener Wohnbaus zertifiziert.

GebäudebewertungIBO ÖKOPASS

Bei genauerer Betrachtung fällt ins Auge, dass es bei den Kriteriengruppen Wassernutzung und Ökologische Qualität keine „Ausreißer“ in die oberste, noch in die unterste Bewertungskategorie gibt. Wenn man die Projekte analysiert, ist dies nicht weiter überraschend. Die Bauweise und auch die sanitäre Ausstattung im Wohnbau werden standardmäßig recht einheitlich ausgeführt. Es dominiert der Stahlbetonbau mit Vollwärmeschutz mit großen Kubaturen und einer kompakten Bauweise. Die PVC-Freiheit wird bei Fußböden, Fenster und Rohren (Lüftung, Sanitär, Heizung) gemäß der gesetzlichen Vorgaben Wiens umgesetzt. Wassersparende WC-Spülanlagen und Waschbecken-Armaturen mit einer Durchflussrate von unter 9 l/min sind üblich, während Armaturen mit nur 6 l/min sowie wassersparende Duschköpfe eine Seltenheit sind. Regen- und/oder Brauchwassernutzung werden so gut wie nie umgesetzt.

Schallschutz, Innenraumluftqualität und Behaglichkeit sind die Kriteriengruppen, in denen alle 4 Bewertungskategorien vergeben worden sind. Womit ist das zu erklären, wenn doch die Bauweisen recht ähnlich sind? Bei der Bewertung des Schallschutzes und der Innenraumluftqualität werden stichprobenartige Messungen in kritischen Räumen durchgeführt. So fließen auch die Raumgeometrie und die Ausführungsqualität in die Bewertung mit ein und man findet projekt-, ja sogar wohnungs- und raumbezogene Differenzen. Bei den Messungen der Innenraumluftqualität können bereits kleinste Spuren von störenden Substanzen oder Schimmelpilzsporen erfasst werden und entsprechende Maßnahmen getroffen werden (wie z.B. punktuelle Sanierungen, mechanische Trocknung, Vermeidung spezifischer Baumaterialien etc.).
In der Qualität der Sonnenschutzvorrichtungen gibt es große Unterschiede. Außenliegender Sonnenschutz bietet den besten Sommerkomfort. Es wird jedoch meist aus Kostengründen innenliegenden Jalousien oder Multi-Film-Rollos der Vorzug gegeben.

Die Situation beim Gesamtenergiekonzept sieht rot/orange und nicht rosig aus. Hier gibt es beim geförderten Wohnbau einen markanten Unterschied je nach Lage des Objekts. Meistens werden die Gebäude fernwärmeversorgt. In Gebieten, die von der Fernwärme Wien nicht erschlossen sind, wird alternativ auf Erdgas gesetzt und mit Solarthermie kombiniert. Thermische Solaranlagen müssen einen Mindestbeitrag von 30 % zur Warmwasserversorgung leisten, um im ÖKOPASS bepunktet zu werden. Diese Anforderung wird im geförderten Wiener Wohnbau meist nicht erfüllt. Eine Situation, die nur „befriedigend“ ist.

Tageslicht und Besonnung und elektromagnetische Qualität – da wissen die Wiener offenbar, wie man gut baut! Dieses Bild wird nur bei der Besonnung wieder etwas entkräftet,  wenn man bedenkt, dass die meisten Objekte in den Entwicklungsgebieten Wiens – quasi auf der grünen Wiese –  entstehen. Dort sind die Objekte aufgrund der Umgebungssituation weniger verschattet und schneiden oft besser ab, als im städtischen Gebäudeverbund. Projekte, die auf architektonischer Ebene so geplant werden, dass das natürliche Sonnenlicht optimal genutzt wird und die Eigenverschattung gering ist, sind rar gesät – trotz des (sehr) guten statistischen Ergebnisses. Aber es gibt sie.

Resümierend zeigt die ÖKOPASS Auswertung sehr gut auf, dass es bei der Energieversorgung, vor allem in den neuen Stadtentwicklungsgebieten, noch Verbesserungspotential gibt. Außerdem können Gebäude in Richtung Besonnung noch weiter optimiert werden – bei diesem Kriterium sind vielleicht auch Anpassungen am Bewertungstool selbst vorzunehmen. Durch den IBO ÖKOPASS wird bei den Projekten eine hohe Ausführungsqualität sichergestellt und Mängel können durch die Messungen frühzeitig erkannt und behoben werden – spreche ich als Mieterin, so würde ich darauf nicht verzichten wollen.

www.ibo.at/gebaeudebewertung/ibo-oekopass/

Forschungszeitraum

Juni 2018 –

Auswertung von 24 Wiener IBO-ÖKOPASS-Projekten mit 1766 Wohneinheiten, die im Jahr 2017 bewertet wurden.