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Wozu brauchen wir PEF?
Umsetzung des ökologischen Fußabdruckes im Baubereich

In Europa haben sich im Baubereich für die ökologische Bewertung von Gebäuden Umweltdeklarationen (EPD), basierend auf einer Ökobilanz und durchgeführt nach der Norm EN 15804, mittlerweile gut etabliert. Die EU bringt nun mit der Entwicklung des ökologischen Fußabdruckes für Produkte (PEF) eine neue Methode für die Durchführung einer Lebenszyklusanalyse ins Spiel. Wozu brauchen wir diesen PEF, wenn es doch schon EPD gibt? Der nachfolgende Text beschreibt die momentane Situation, skizziert die bevorstehende Harmonisierung der beiden Methoden im Baubereich und beschreibt zudem die methodischen Ansätze des ökologischen Fußabdruckes.

MaterialökologieÖkobilanzen und Lebenszykluskosten

Ausgangssituation

Die rasante technologische Entwicklung brachte der Menschheit nicht nur Segen, der sorglose Umgang damit belastet die Erde mittlerweile in einem solchen Ausmaß, dass die Zukunft der Menschheit und Teile ihrer Umwelt zunehmend bedroht werden. Wir brauchen dringend Lösungen für immer drängendere Probleme wie den Treibhauseffekt, den Verlust von wertvollen landwirtschaftlichen Böden, der Verschmutzung unserer Meere, der Anreicherung von Giften in der Umwelt, der Überdüngung, der Feinstaubbelastung, der Abnahme der Biodiversität, den Ressourcenverbrauch und Vielem mehr. Es scheint, dass uns faszinierende technische Möglichkeiten so verlocken, dass wir gegenüber langfristigen negativen Auswirkungen oft blind sind oder ihrer erst im Nachhinein gewahr werden. Zumindest im Sinne einer nachhaltigen ökologischen Entwicklung unserer Gesellschaft ist es deshalb wichtig, Vorsorge zu betreiben und Kriterien in der ökologischen Bewertung so zu definieren, dass Probleme gar nicht erst entstehen. Beim nachhaltigen Bauen ist daher zielführend, die ökologische Bewertung bereits in der Planungsphase in das „Digitale Gebäudemodell“ einzubeziehen. Die standardisierte Lebenszyklusanalyse (LCA) nach ISO 14040 und ISO 14044 ist dafür als quantitatives Bewertungstool besonders gut geeignet.

Bei der LCA werden sämtliche Einflüsse auf die Umwelt oder Gesellschaft berücksichtigt, die ein Produkt während seines Lebenszyklus haben kann. Die Bewertung reicht von der Entnahme der natürlichen Rohstoffe über die Herstellung, die Verteilung und die Verwendung bis hin zu Wiederverwendung, Recycling und/oder der Entsorgung des Produkts. Die LCA stellt in verschiedenen EU-Politikbereichen wie der Integrierten Produktpolitik, dem Aktionsplan für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch (Sustainable Consumption and Production, SCP) und einer nachhaltigen Industriepolitik (Sustainable Industrial Policy, SIP) sowie der Abfallregulierung im Rahmen der Abfallrahmenrichtlinie eine Schlüsselkomponente dar. LCA-Informationen können auch die öffentliche Entscheidungsfindung bei der Festlegung von Ökodesign-Kriterien unterstützen, zum Beispiel bei der Bestimmung von Leistungszielen im Rahmen des Aktionsplans für Umwelttechnologie (Environmental Technology Action Plan, ETAP) (EU 2010).

Entwicklung der Lebenszyklusanalyse in Europa

Die Standards ISO 14040, 14044 bilden den unverzichtbaren Rahmen für die Ökobilanz. Dieser Rahmen lässt jedoch viel Spielraum für Entscheidungen, die die Legitimität der Ergebnisse einer LCA-Studie beeinflussen können. Flexibilität ist wichtig, um auf die große Vielfalt der angesprochenen Fragen zu reagieren. Damit Konsistenz und Qualitätssicherung gewährleistet sind, bedarf es aber einer zusätzlichen Anleitung.

EN 15804:2012

Die Experten und Expertinnen der CEN/TC 350/WG 3 erarbeiteten auf Basis der ISO 14025 die EN 15804 „Nachhaltigkeit der Bauarbeiten – Umweltproduktdeklarationen – Grundregeln für die Produktkategorie Bauprodukte“. Diese 2012 veröffentlichte Norm enthält Kern-Produktkategorieregeln (PCR) für Typ-III-Umweltdeklarationen für jedes Bauprodukt und jeden Baudienst. Eine Typ-III Umweltdeklaration liefert Produktinformationen, die auf unabhängig verifizierten Ökobilanzen beruhen und ermöglicht damit ökologische Vergleiche zwischen Produkten gleicher Funktion. Darüber hinaus enthält die Norm zusätzliche Anforderungen an die Erstellung der Typ-III-Umweltdeklarationen, die sich an den Endverbraucher richten und eine Erläuterung der Schritte für den Aufbau und Betrieb eines Typ-III-Umweltdeklarationsprogramms. In Österreich z.B. betreibt die Bau- EPD GmbH ein branchenübergreifendes Programm zur Vergabe von Umwelt- Produktdeklarationen für Bauprodukte.

Umweltdeklarationen dienen in erster Linie als Datengrundlage für die ökologische Gebäudebewertung nach EN 15978 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der umweltbezogenen Qualität von Gebäuden – Berechnungsmethode. Sie werden von allen gängigen Gebäude-Zertifizierungssystemen in Österreich (ÖGNI, ÖGNB-TQB, klima:aktiv) und international (DGNB, BNB, HQE, BREEAM und LEED etc.) als Grundlage herangezogen und stellen auch die Datengrundlage für alle validierten Bauphysik-Softwareprogramme in Österreich dar.

Produkt Environmental Footprint (PEF)

Von der Europäischen Kommission wurde noch eine weitere Entwicklung im Bereich der Lebenszyklusanalyse in Gang gesetzt. In ihrem Auftrag wurde das Internationale Referenzlebenszyklus-Datensystem (ILCD) entwickelt, um Leitlinien für konsistente und qualitätsgesicherte Ökobilanzdaten und -studien bereitzustellen. In diesem Rahmen wurde im März 2010 das ILCD-Handbuch (EC 2010 (1)) für die Durchführung von Lebenszyklusanalysen zur Quantifizierung der Emissionen, des Rohstoffverbrauchs und der Umweltauswirkungen von Produkten veröffentlicht. 2011 wurde zudem eine Empfehlung für Wirkungskategorien zu Ökobilanzen herausgegeben (EC 2010 (2)).

2013 hat die Europäische Kommission die Mitteilung „Schaffung eines Binnenmarktes für grüne Produkte – Erleichterung einer besseren Information über die Umweltleistung von Produkten und Organisationen“ veröffentlicht. Im Zentrum steht unter anderem die Entwicklung von „Product Environmental Footprints (PEF)“. Der ökologische Fußabdruck ist Teil der Flaggschiffinitiative der europäischen 2020 Strategie „A Resource-Efficient Europe”. Mit der Einführung des PEF verfolgt die EU das Ziel, für alle Produkte (z.B. auch Lebensmittel) und Organisationen eine harmonisierte Erfassung und Kommunikation der Resultate durch einen Vergleich mit Benchmarks umzusetzen. Adressaten des PEF sollen Kunden sowohl im B2B- als auch im B2C-Verkehr (Endverbraucher) sein. Für den Endkunden könnte dies eine Bewertung eines Produkts in „besser“ und „schlechter“ ermöglichen.

Für den PEF-Leitfaden (EC 2012) wurden die Methoden des ILCD und der empfohlenen Wirkungsindikatoren weiterentwickelt und bereits 2011 in 10 Fallbeispielen getestet. In der 2.Testphase von 2013 bis 2016 wurden unter anderem Regeln für folgende den Baubereich betreffende Produktgruppen (PEFCR) entworfen:

  • Decorative paints
  • Hot and cold water supply pipes
  • Metal sheets
  • Photovoltaic electricity generation
  • Thermal insulation

Harmonisierung von EN 15804 und PEF

In der am 1. Juli 2013 operativ in Kraft getretenen europäischen Bauproduktenverordnung (BauPVo, Verordnung EU 305/2011) steht in Artikel 56, dass zur Bewertung der nachhaltigen Nutzung der Ressourcen und zur Beurteilung der Auswirkungen von Bauwerken auf die Umwelt Umwelterklärungen (Environmental Product Declaration – EPD), soweit verfügbar, herangezogen werden sollten. Damit begannen sich die EPD, durchgeführt nach der Norm EN 15804:2012, endgültig auf dem europäischen Markt zu etablieren und Hersteller investierten in Umweltdeklarationen ihrer Produkte. In der Zwischenzeit steht aber auch die Entwicklung der Methode des PEF und der Aufbau der ersten produktgruppenspezifischen Regeln vor dem Abschluss.

Die Berechnung der Wirkungskategorien mit neuen Methoden bzw. von zusätzlichen Kategorien führt unweigerlich zu neuen Resultaten und Bewertungen. Deshalb ist die geplante Umsetzung des neu entwickelten Produkt Environmental Footprint im Baubereich nicht unumstritten. Auf welches Pferd bzw. auf welche LCA-Methode sollen die Bauindustrie und auch die ökologische Bewertung setzen? Die einfachste Lösung ist die Harmonisierung der beiden Methoden. Seit ca. einem Jahr wird dies in der Revision der Norm EN15804 versucht umzusetzen und könnte noch diesen Sommer verabschiedet werden. Diese Änderungen werden einen enormen Einfluss auf die zukünftige ökologische Bewertung von Bauprodukten und Gebäuden haben. Für das IBO ist es deshalb von zentraler Bedeutung den Wissensstand und die Baustoffdaten aktuell zu halten, bilden doch diese die Grundlage für die ökologische Bewertung der Bauproduktendatenbank baubook und in der Folge für die Gebäudezertifizierung, für das IBO Prüfzeichen, für natureplus, für das österreichische Umweltzeichen und zukünftig auch für die Nachhaltigkeitsbewertung im Digitalen Gebäude.

Kommt die Umsetzung von PEF-Benchmarks?

In der PEF-Pilotphase zur Entwicklung von Produktkategorieregeln (PEFCR) für Wärmedämmstoffe sind Teile der beteiligten Industriesektoren aus dem Technischen Sekretariat ausgestiegen, weil man sich nicht auf einheitliche Regeln für Benchmarks einigen konnte. Bei Bauprodukten wie Dämmstoffen ergeben sich Probleme durch viele Anwendungsmöglichkeiten und sehr unterschiedliche Systemaufbauten. Dämmstoffe werden im Schrägdach unter massiven Holzsparren oder I-Balken, in begehbaren und nicht begehbaren Flachdächern aus Beton, in Außenwänden, als Trittschalldämmung in Zwischendecken usw. eingebaut. Sie müssen neben der Wärmedämmung oft zusätzliche Funktionen und Anforderungen wie Schalldämmung, Brandschutz und Hydrophobierung erfüllen. Ein Schüttdämmstoff aus Zellulose z.B. benötigt eine geschlossene Hülle, eine Dämmplatte aus Holzfasern oder Mineralwolle kann mit Schrauben und Dübeln befestigt, verklebt oder einfach unter die Dachsparren geklemmt werden. Je nach Anwendung wird eventuell auch noch eine zusätzliche feuchtigkeitsabweisende oder diffusionsoffene Schicht benötigt. Es ist deshalb wichtig, bei der Festlegung der Systemgrenzen genau zwischen Dämmstoffprodukt und Dämmsystem bzw. Bauteil zu unterscheiden. Aus diesem Grund wurden horizontale und vertikale Regeln eingeführt. Die horizontalen Regeln gelten dabei für alle in Gebäude eingesetzten Dämmstoffprodukte ohne Berücksichtigung ihrer spezifischen Anwendung. Diese werden durch die vertikalen Regeln abgedeckt. Bei der Integration von neuen innovativen Produkten müssen somit nur die entsprechenden vertikalen Regeln angepasst bzw. ergänzt werden. Zukünftige Benchmarks müssten diese vertikalen Regeln berücksichtigen und somit für jede spezifische Anwendung extra festgelegt werden. Für Dämmstoffe konnten bisher keine Benchmarks definiert werden.

Das von der EU finanzierte Projekt PEF4building hat zum Ziel, die Anwendung der PEF-Methode auf ein neues Bürogebäude zu testen. Dabei sollen Vor- und Nachteile zur Definierung von Benchmarks und Leistungsklassen für die in der Studie berücksichtigten Gebäude gefunden werden. Da erst 5 PEFCR für Bauprodukte existieren, musste die Studie neben der grundlegenden PEF Methode auf andere nationale PCR zurückgreifen. Es wurden je ein Büro-Gebäude in Belgien und in Österreich über alle Lebensphasen von „cradle to grave“ bilanziert. Beide Gebäude waren bereits in BIM modelliert und es standen alle Materialmengen und deren Eigenschaften (z.B. Rohdichten) zur Verfügung. Sie wurden mit den LCA-Daten verknüpft und analysiert. Dabei wurde festgestellt, dass die von BIM exportierten Daten zum Teil unzureichend waren und nachträglich ergänzt werden mussten.

Analyse des PEF für BIM

Die von der Europäischen Kommission präferierte Ökobilanzmethode PEF wurde zudem im Rahmen des vom ACR (Austrian Cooperative Research) geförderten strategischen Projektes „Digitale Gebäudemodelle für nachhaltige Gebäude“ genauer analysiert.

Das IBO stellt seit Jahren Richtwerte für Baustoffmaterialien online zum Download zur Verfügung. Berechnet wurden die aktuell publizierten Indikatoren mit den in der EN 15804:2012 A1 (Oktober 2013), Annex C veröffentlichten Charakterisierungsfaktoren von CML. Die Daten bilden, falls der Hersteller keine produktspezifischen EPD vorlegen kann, die Grundlage für die in der Baustoffdatenbank baubook publizierten Bauprodukte. Mit dem baubook-Rechner für Bauteile können daraus online das Treibhauspotenzial, die Versauerung und die Primärenergie nicht erneuerbar und somit der OI3 Index für 1m² eines bestimmten Bauteils bilanziert werden. In weiterer Folge können mit dem Programm eco2soft ganze Gebäude bewertet werden. Neben der Gebäudebewertung sollen die Daten in Zukunft über eine Schnittstelle von eco2soft in das Digitale Gebäude importiert werden und BIM-basierte Planungsprozesse unterstützen.

Zum Vergleich wurden nun die IBO-Richtwerte für Baumaterialen (Stand April 2017) auch mit den im PEFR Guidance Version 6.2 vom September 2017 vorgeschlagenen Wirkungsindikatoren berechnet. In Tabelle 2 sehen Sie eine Gegenüberstellung der verwendeten Methoden von EN 15804 und PEF.

Insgesamt wurden mehr als 450 Baustoffdaten, die in der IBO-Richtwertetabelle hinterlegt sind, in SimaPro mit den Wirkungsindikatoren des PEF hochgerechnet und in ein Excel exportiert. Die 7 von EN15804:2012 vorgeschlagenen CML Wirkungskategorien wurden mit den entsprechenden Wirkungskategorien des PEF verglichen. Für den GWP und das Ozonabbaupotenzial beziehen sich PEF und CML auf dieselben Methoden. Geringfügige Unterschiede lassen sich damit erklären, dass die im Annex C der EN 15804:2012 deklarierten Charakterisierungsfaktoren nicht exakt mit der von PEF 2017 verwendeten Version der Methoden übereinstimmen. Für die Berechnung des Ressourcenverbrauchs wird ebenfalls die gleiche Methode verwendet. Trotzdem sind die Resultate nicht vergleichbar. Da diese Kategorie nicht im Fokus stand, konnte die Ursache im Rahmen der ACR Studie noch nicht geklärt werden. Für die Berechnung des Eutrophierungs-, Versauerungs- und Photosmogpotenzials unterscheiden sich die methodischen Ansätze. Das Kennzeichen einer Normalverteilung ist, dass 67 % der Daten zwischen dem Mittelwert +/- 1 Standardabweichung liegen. Deshalb kann man für die Eutrophierung und die Versauerung mit einem Umrechnungsfaktor relativ leicht auf das Resultat der anderen Methode schließen. Bezüglich Photosmogpotenzial streuen die Resultate der beiden Methoden so stark, dass man keinen Umrechnungsfaktor festlegen kann. Dies deutet auf eine große Unsicherheit zumindest bei einer der beiden Methoden. Dank der durchgeführten Hot-Spot-Analyse konnte auf hochwirksame Emissionen und auf Fehler in der Bilanzierung einiger Produkte aufmerksam gemacht werden. In einem weiteren Schritt wurden 4 Aufbauvarianten:

  • Holz Leichtbau,
  • Holz Massivbau,
  • Ziegel und
  • Stahlbeton

des Modells vom Kindergarten Wolkenschiff (Abb. 1) mit der Methode nach CML 2002 (EN15804:2012) und den von PEF vorgeschlagenen Wirkungsindikatoren (ILCD 2011 Midpoint, SimaPro Stand 6.2017) bilanziert. Da ein Export der PEF Wirkungsindikatoren aus dem Excel der IBO-Baustofftabelle in eco2soft erst noch programmiert werden muss, wurden die Daten in die alte Programmversion von ecosoft hochgespielt, um die Gebäudevarianten zu berechnen. Der Holz-Leichtbau schneidet im Treibhauspotenzial, der Versauerung und dem Photosmogpotenzial nach beiden Methoden berechnet am besten ab, die Stahlbetonvariante am Schlechtesten.

Der Holz-Massivbau bekommt außer im Photosmogpotenzial die zweitbeste oder beste Bewertung. Die Reihenfolge der Bewertung in den Kategorien GPW, AP und POCP bleibt nach der Berechnung beider Methoden gleich. Beim ODP und der Eutrophierung verschiebt sich die Reihenfolge nur auf Grund geringer Differenzen. Die Bewertung nach PEF bestätigt die ökologische Reihung der Berechnung nach EN 15804 somit zumindest mehrheitlich. Auf Grund der kleinen Stichprobe von nur 4 Aufbauvarianten und der relativ großen Unsicherheit in der Datenverfügbarkeit ist die Aussage aber mit einer gewissen Vorsicht zu genießen (Tab. 3).

Unsicherheit von neuen PEF-Indikatoren am Beispiel Toxikologie (USETox®)

Seit sich das IBO mit Lebenszyklusanalysen beschäftigt, wurden die Wirkungsindikatoren hauptsächlich nach der Methode CML berechnet. Die Entwicklung geht auf das Centrum voor Milieukunde (CML) der Universität Leiden zurück. Hier wurde sie 1992 von Heijungs et al. veröffentlicht und im Jahr 2000 einer grundlegenden Überarbeitung unterzogen. Man hat also sehr viel Erfahrung mit dieser Methode und ihren Schwachstellen. Die belastbarsten Daten lieferten die Wirkungskategorien für das GWP und AP. Zusammen mit dem Ressourcenparameter „Nicht erneuerbarer Primärenergieverbrauch“ wurde deshalb der Ökoindikator OI3 entwickelt. Da der PEF einige neue Wirkungskategorien für die Life Cycle Analysis vorschlägt, muss die Robustheit dieser Methoden für Baustoffe noch genauer analysiert werden. Im Rahmen von BIM wurde mit einer Schwachstellenanalyse für die Toxikologie-Indikatoren begonnen. Die derzeit von PEF für alle Toxikologie-Indikatoren vorgeschlagene Methode ist USEtox®. Der Charakterisierungsfaktor für die Auswirkungen auf die menschliche Toxizität auf Midpoint-Ebene wird in CTUh Comparative toxic unit (human toxicity potential) ausgedrückt. Dies bildet den geschätzten Anstieg der Morbidität in der gesamten menschlichen Bevölkerung pro Masseneinheit einer emittierten Verunreinigung ab. Dabei wird zwischen cancer und no-cancer unterscheiden. Die Einheit lautet: [CTUh pro kg emittiert] = [Krankheitsfälle pro kg emittiert]. Auf Grund geringer Erkenntnisse wird eine gleiche Gewichtung zwischen Krebs- und Nicht-Krebs-Wirkungen angenommen. Der ökotoxikologische EF spiegelt die Veränderung der potentiell betroffenen Fraktion (PAF) von Arten aufgrund von Konzentrationsänderungen wider. Daher ist die Einheit massebasiert: [CTUe pro kg emittiert] = [PAF × m³ × Tag pro kg emittiert]. Die Hauptschwierigkeiten, die es zu überwinden gilt, sind:

  • Geringe Abdeckung an Substanzen
  • viele wichtige Datenlücken (Emissionen, Toxizität, ...)
  • hohe Unsicherheiten (sowohl wahrgenommen als auch real)
  • Komplexität der Wirkungsmechanismen und -interpretation der Ergebnisse
  • mangelnde Transparenz und Zugänglichkeit von Dokumenten, Modellen, Datenkapazität und Wissen der Benutzer (Praktiker, Entscheidungsträger, ...)
  • unterschiedliche Umweltrelevanz (Außen- und Innenemissionen, spezifische Expositionspfade

Das IBO wird die Daten aktuell berechnen, um an Hand produktspezifischer Sensitivitätsanalysen Erfahrungswerte zu sammeln und Entwicklungen ablesen zu können. Für den Einsatz in der ökologischen Bewertung wird aber auf Grund der gelisteten Schwierigkeiten noch verzichtet und auf andere Bewertungskriterien Bezug genommen.

Die „End of life“ Modellierung in PEF

Der aktuelle PEF-Leitfaden (Empfehlung 2013/179/EU) verlangt die Verwendung einer Formel zur Modellierung von Produktabfällen. Im PEF wird aktuell die Formel des „Circular Footprints” (CFF) verwendet. Er ist eine Kombination aus Material + Energie + Entsorgung. Die CFF kann modular angeordnet werden, um zum Beispiel der Struktur der Norm EN 15804 zu entsprechen. Gleichung 2 ist die CFF in verschiedenen Modulen neu angeordnet. Das Akronym für diese Formel ist CFF-M (Abb. 3).

Berücksichtigung der CO2-Speicherung in PEF

Wie schnell sich die LCA- Welt momentan dreht, sieht man auch am Beispiel mit dem Umgang der CO2-Speicherung. Bei der Revision der EN 15804 wird sich entscheiden, ob der derzeitige Vorschlag (s. Tabelle 1, 3. Zeile) keine Gutschriften für zeitliche begrenzte CO2- Speicherung anzurechnen, so angenommen wird. In der Norm EN 16485:2014 wird auch im Sinne der Kohlenstoffneutralität von Holz vorgeschlagen, die Aufnahme von CO2 mit negativem und bei der Entsorgung (Verbrennungsemissionen) mit einem positiven Vorzeichen zur berücksichtigen. Die Speicherung wäre dabei aber im Gegensatz zum diskutierten EN 15804:2018 bis zur Entsorgung berücksichtigt.

Verwendung von sekundären Daten (generischen Daten) in PEF

Da bei der Berechnung von Lebenszyklusanalysen meistens nicht für alle Prozessschritte primäre Daten zu Verfügung gestellt werden können, greift man auf sogenannte sekundäre Daten zurück. Sekundäre Daten bezeichnen Daten, die nicht aus spezifischen Prozessen innerhalb der Lieferkette des Unternehmens stammen. Sie werden nicht direkt vom Unternehmen erhoben, gemessen oder geschätzt, sondern stammen aus einer Bestandsdatenbank eines Drittanbieters oder anderen Quellen. Mit ecoinvent und GaBi gibt es aber zwei Anbieter von generischen Datenbanken. Leider hat die Wahl der Datenbank meistens einen relevanten Einfluss auf die Resultate. Die Europäische Kommission begegnet dem Problem indem sie EF-konforme generische Datensätze für bestimmte Prozesse vorschreibt. So sind es für Chemikalien ecoinvent-Datensätze, für Energie und Transportmodule. wiederum Thinkstep (GaBi) Daten.

Die EF-konformen sekundären Datensätze, wurden von der Europäischen Kommission ausgeschrieben und sind auf dem folgenden Datenproviderknoten verfügbar (http://ec.europa.eu/environment/http://ec.europa.eu/environment/eussd/smgp/PEFCR_OEFSR_en.htm#secondary_data). Der Link informiert auch über die rechtliche Nutzung der Daten.

Fazit

Für eine Zukunft der Erde mit guten Chancen für alle braucht es dringend ökologische Lösungen. Die ökologische Bewertung, insbesondere die Lebenszyklusanalyse spielt dabei eine imminent wichtige Rolle. Ziel muss es sein, auf die am besten evaluierten und robustesten Methoden zurückgreifen zu können. Damit können Auswirkungen schon in der Planung eines Gebäudes und bei der Wahl von Baustoffen berücksichtigt werden. Das Joint Research Center hat in einer mehrjährigen Studie unter Einbeziehung vieler internationaler Experten für die Nutzung in LCA die wichtigsten Methoden für Wirkungskategorien analysiert und bewertet. Die Resultate wurde im ILCD handbook publiziert und die PEF Methode greift auf die empfohlenen besten Methoden für jede Kategorie zurück. Die bevorstehende Revision der EN 15804 mit Aufnahme der PEF-Wirkungsindikatoren kann somit zu einer harmonisierten Methode zur Abschätzung der Umweltwirkungen von Bauprodukten beitragen. Bestehende gravierende methodische Unsicherheiten (zum Beispiel bei den Toxizitätsindikatoren) sollten aber im Blickpunkt bleiben und in Zukunft ausgeräumt werden. Bis dahin wird empfohlen, für die Bewertung nur Indikatoren und Wirkungskategorien zu verwenden, die wissenschaftlich anerkannt, aussagekräftig und fundiert sind. Für den PEF sollen insgesamt 16 Wirkungsindikatoren berechnet, für die B2C Kommunikation aber nur die relevantesten Kategorien publiziert werden. Die 3 wichtigsten Wirkungsindikatoren müssen dabei immer angegeben werden. Die Ermittlung der wichtigsten Wirkungskategorien muss auf den normalisierten und gewichteten Ergebnissen des Screenings des PEFCR basieren. Als die relevantesten Wirkungskategorien gelten diejenigen, die kumulativ mindestens 80 % zu den gesamten Umweltauswirkungen beitragen (mit Ausnahme der toxikologischen Wirkungskategorien). Zusätzlich sollten auch die Ressourcenverbrauchsindikatoren des Cumulativ Energy Demand (CED) von Frischknecht et al. 2003 berücksichtigt werden. Da in Zukunft auch die Entsorgungsprozesse verpflichtend zu bilanzieren sind, ist auch der Umgang mit Recyclingprozessen wichtig. Die Auswirkungen unterschiedlicher Allokationsansätze auf die Recyclingquote sollten genau untersucht werden. Eventuell braucht es für bestimmte Materialien unterschiedliche Ansätze um das Recycling zu verstärken. Die PEF-Methodik sollte sich nicht nur auf eine starre Methode festlegen, sondern sicherstellen, dass entsprechende Recyclingsituationen dargestellt werden können. Nach der Aktualisierung der IBO Richtwertetabelle für Baumaterialen auf Basis von ecoinvent 3.4 und der Revision der EN15804:2018 sollten auch die PEF-Indikatoren in eco2soft programmiert werden. Von eco2soft könnten dann auch die neuen Umweltparameter über eine entsprechende Schnittstelle direkt in BIM eingespielt werden.

Mit der zu begrüßenden bevorstehenden Integration des PEF in die Norm EN 15804 werden sich die neuen Wirkungsindikatoren zumindest im Bausektor langfristig etablieren. Bisher hat die Europäische Kommission noch nicht entschieden, wie die PEF-Methodik in das bestehende Instrumentarium der umweltbezogenen Produktinformation eingeordnet werden soll. Produkte müssen aber so gekennzeichnet sein, dass für den Endkunden eine ökologische Baustoffwahl möglich ist. Benchmarks werden auf Gebäudeebene wahrscheinlich bald eingeführt. Die rasanten Entwicklungen stellen uns auf jeden Fall vor große Herausforderungen.

Literatur

[EN 15804:2012] EUROPEAN STANDARD, Sustainability of construction works – Environmental product declarations – Core rules for the product category of construction products. Edition: 2012-04-01

[EN 15804:2012+A1] EUROPEAN STANDARD, CEN/TC 350/WG 3 N 591, Sustainability of construction works – Environmental product declarations – Core rules for the product category of construction products. Edition: 2012-04-01, October 3013

[EN 16485:2014] Rund- und Schnittholz - Umweltproduktdeklarationen - Produktkategorieregeln für Holz und Holzwerkstoffe im Bauwesen; Deutsche Fassung EN 16485:2014-07

[EC 2010 (1)] European Commission -Joint Research Centre - Institute for Environment and Sustainability: International Reference Life Cycle Data System (ILCD) Handbook - General guide for Life Cycle Assessment - Detailed guidance. First edition March 2010. EUR 24708 EN. Luxembourg. Publications Office of the European Union; 2010

[EC 2010 (2)] European Commission-Joint Research Centre - Institute for Environment and Sustainability: International Reference Life Cycle Data System (ILCD) Handbook- Recommendations for Life Cycle Impact Assessment in the European context. First edition November 2011. EUR 24571 EN. Luxemburg. Publications Office of the European Union; 2011

[EU 2010] ILCD-Handbuch soll Entscheidungsträgern als maßgeblicher Leitfaden dienen, EU 28/04/2010; Quelle: ec.europa.eu/environment/ecoap/about-eco-innovation/policies-matters/eu/501_de, Stand 11/05/2018

[EC 2012] European Commission-Joint Research Centre - Institute for Environment, Product Environmental Footprint (PEF) Guide, Ref. Ares(2012)873782 - 17/07/2012 Consolidated version, ISPRA, Italy, Juli17, 2012

[EU 2013] 2013/179/EU: Empfehlung der Kommission vom 9. April 2013 für die Anwendung gemeinsamer Methoden zur Messung und Offenlegung der Umweltleistung von Produkten und Organisationen Text von Bedeutung für den EWR

[Frischknecht et. al 2003] Frischknecht R., Jungbluth N., et.al. (2003). Implementation of Life Cycle Impact Assessment Methods. Final report ecoinvent 2000, Swiss Centre for LCI. Duebendorf, CH, www.ecoinvent.ch

[ILCD 2011] ILCD 2011 Midpoint+, This implementation corresponds to the ILCD (version 1.0.9, May 2016), available on: eplca.jrc.ec.europa.eu

[Heijungs et al. 1992] Heijungs, R.;Guinée, J.B.;Huppes, G.;Lankreijer, R.M.;Udo de Haes, H.A.;Wegener Sleeswijk, A.;Ansems, A.M.M.;Eggels, P.G.;Duin, R. van;Goede, H.P. de, Environmental life cycle assessment of products: guide and backgrounds (Part 1), CML, Leiden, 1992

[KOM/2003/0302] COM(2003)302/F1: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Integrierte Produktpolitik Auf den ökologischen Lebenszyklus-Ansatz aufbauen ENV (GD Umwelt), 18/06/2003

[KOM/2013/0196] 52013DC0196, MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Schaffung eines Binnenmarktes für grüne Produkte Erleichterung einer besseren Information über die Umweltleistung von Produkten und Organisationen /*COM/2013/0196 final */

[ÖNORM EN ISO 14040] ÖNORM EN ISO 14040:2009-11 Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen (ISO 14040:2006)

[ÖNORM EN ISO 14044] ÖNORM EN ISO 14044:2006-10 Umweltmanagement – Ökobilanz – Anforderungen und Anleitungen (ISO 14044:2006)

[ÖNORM EN ISO 14025] Umweltkennzeichnungen und - deklarationen – Typ III Umweltdeklarationen – Grundsätze und Verfahren (ISO 14025:2006)

[PEFCR 2017] Draft from European commission, Product Environmental Footprint Category Rules Guidance, Version 6.2 – June 2017

Forschungszeitraum

Juni 2018 –

Kontakt

Abb. 1: Wolkenschiff ein Kindergartenneubau in Passivhausstandard in Gänserndorf Süd ausgezeichnet mit dem klima:aktiv-Gold-Standard, gebaut vom Atelier für naturnahes Bauen Deubner.
© KiTO/Michael Baumgartner
Tab. 1: Vergleich der Wirkungsindikatoren vorgeschlagen im PEFCR Guidance 6.2 (September 2017) und EN 15804:2012 A1 (Oktober 2013), Annex C).
Tab. 2: Analyse des Vergleich der Wirkungsindikatoren vorgeschlagen im PEFCR Guidance 6.2 (September 2017) und EN 15804:2012 A1 (Oktober 2013), Annex C) für die IBO Richtwerte aus Baumaterialien.
Tab. 3: Vergleich von 4 Aufbauvariantenberechnet mit den Wirkungsindikatoren von PEF und EN 15804:2012
Berechnungsgrundlage: Testmodell Passivhauskindergarten „Wolkenschiff“ in Gänserndorf Süd, bilanziert in ecosoft mit BG3 auf Basis der IBO Richtwerttabelle für Baumaterialen, Stand April 2017, aktualisiert mit PEF.
Abb. 2: Wirkungskategorien, die durch USEtox® abgedeckt werden. Quelle: Powerpoint Präsentation von Ralph K. Rosenbaum vom 11.4.2018
Abb. 3: Gleichung 1 – The Circular Footprint Formula (CFF); Gleichung 2 – die CFF ist in verschiedenen Modulen neu angeordnet.
Legende zu Abbildung 3
A: allocation factor of burdens and credits between supplier and user of recycled materials.
B: allocation factor of energy recovery processes: it applies both to burdens and credits.
Qsin: quality of the ingoing secondary material, i.e. the quality of the recycled material at the point of substitution.
Qsout: quality of the outgoing secondary material, i.e. the quality of the recyclable material at the point of substitution.
Qp: quality of the primary material, i.e. quality of the virgin material.
R1: it is the proportion of material in the input to the production that has been recycled from a previous system.
R2: it is the proportion of the material in the product that will be recycled (or reused) in a subsequent system. R2 shall therefore take into account the inefficiencies in the collection and recycling (or reuse) processes. R2 shall be measured at the output of the recycling plant.
R3: it is the proportion of the material in the product that is used for energy recovery at EoL.
Erecycled (Erec): specific emissions and resources consumed (per unit of analysis) arising from the recycling process of the recycled (reused) material, including collection, sorting and transportation process.
ErecyclingEoL (ErecEoL): specific emissions and resources consumed (per unit of analysis) arising from the recycling process at EoL, including collection, sorting and transportation process.
Ev: specific emissions and resources consumed (per unit of analysis) arising from the acquisition and pre-processing of virgin material.
E*v: specific emissions and resources consumed (per unit of analysis) arising from the acquisition and pre-processing of virgin material assumed to be substituted by recyclable materials.
EER: specific emissions and resources consumed (per unit of analysis) arising from the energy recovery process (e.g. incineration with energy recovery, landfill with energy recovery, …).
ESE,heat and ESE,elec: specific emissions and resources consumed (per unit of analysis) that would have arisen from the specific substituted energy source, heat and electricity respectively.
ED: specific emissions and resources consumed (per unit of analysis) arising from disposal of waste material at the EoL of the analysed product, without energy recovery.
XER,heat and XER,elec: the efficiency of the energy recovery process for both heat and electricity.
LHV: Lower Heating