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Das Glas ist halbvoll
Zehn Jahre Energieautonomie im Bereich Gebäude

Der Verbrauchssektor Gebäude in Vorarlberg ist der einzige, in dem sowohl Endenergieverbrauch als auch Treibhausgasemissionen von 2005 bis 2016 gesenkt werden konnten.

Passivhaus & Plusenergie Gebäude

Fakten, Fakten, Fakten

Der Verbrauchssektor Gebäude ist der einzige, in dem sowohl Endenergieverbrauch als auch Treibhausgasemissionen (THG) von 2005 (Referenzjahr der Energieautonomie) bis 2016 gesenkt werden konnten. Trotz steigender Bevölkerung (+ 7 %) und Wohnfläche (+ 14 %) konnte der Energiebedarf um 5,6 % reduziert werden. Die Reduktion ist allerdings geringer, als der Zielwert von 13 %.

Die THG-Emissionen konnten mit 29 % deutlich stärker gesenkt werden, als im Zielwert von ca. 17 % beschrieben. Hauptgrund für die starke Reduktion ist der Umstieg auf sauberere Energieträger: während der Energieträger Öl um 44 % abnahm, stieg die Fernwärme um 94 % und die Wärmepumpe um 172 %.

Zweiter Grund für die Reduktion des Energiebedarfs und der THG-Emissionen ist die thermische Sanierung von Bestandsgebäuden.

Highlight

Analysiert man die Entwicklung der verschiedenen Gebäudetypen, so sticht der Bereich der öffentlichen Gebäude heraus: Dank des vorbildlichen Engagements der Gemeinden gibt es in keinem Bundesland eine derartige Dichte an effizienten Neubauten und Sanierungen. Zusätzlich zum Engagement vieler Gemeinden im Programm e5 wirkt hier die Kombination aus Beratungsangebot („Nachhaltig Bauen in der Gemeinde“) und Förderung: Kurz nach Start der Energieautonomie gelang es, die Bedarfszuweisung für öffentliche Gebäude so zu flexibilisieren, dass energetisch und ökologisch bessere Gebäude höhere Zuweisungen erhalten. Zur Bewertung wurde der Kommunalgebäudeausweis eingeführt, der sich inzwischen sehr gut bewährt hat. Wichtig war auch, die Kostengrenze in Abhängigkeit von der energetisch-ökologischen Qualität zu differenzieren.

Was gut gelang

Während die Diskussion um Kosten und Wirtschaftlichkeit des energieeffizienten Bauens vor wenigen Jahren zum Teil sehr unsachlich geführt wurde, haben vor allem die sehr guten Ergebnisse des gemeinsam mit Arbeiterkammer, VOGEWOSI und Uni Innsbruck durchgeführten Modellvorhabens „KliNaWo“ dazu beigetragen, den Diskurs zu versachlichen: Das Projekt zeigt, dass etwa 65 % niedrigere Energieverbräuche und THG-Emissionen zu Mehrkosten von 3 % erreicht werden können und dass diese Mehrkosten im Lebenszyklus durch geringere Energiekosten mehr als kompensiert werden. Erfreulicherweise zeigt das Verbrauchsmonitoring, dass der tatsächliche Verbrauch sehr gut mit dem vorausberechneten Bedarf übereinstimmt. Die Ergebnisse des Projekts wurden wie die ähnlicher Projekte in Vorarlberg, Österreich, Deutschland und der Schweiz in der Veranstaltungsreihe „economicum“ vorgestellt. Auch der große Erfolg dieser Veranstaltungsreihe zeigt, dass das Thema Kosten und Wirtschaftlichkeit inzwischen auf einer sachlichen Ebene behandelt werden kann.

Eine Entwicklung, die die Akzeptanz des energieeffizienten Bauens erhöht, ist der Trend zu einfacheren Energiekonzepten. Im Rahmen des Projekts „low-tech Gebäude“ wurden vorbildliche Konzepte an Beispielgebäuden aus der Region analysiert und sehr gut aufbereitet. Auch bei der Beratung für öffentliche Gebäude hat das Thema eine zunehmende Bedeutung.

Was bleibt zu tun

Herausforderungen stellen sich in den nächsten Jahren vor allem in den folgenden Bereichen:

  • Neubau Wohnen
  • Nicht-Wohngebäude
  • Sanierung Wohngebäude

Neubau Wohnen

Die mittlere energetische Qualität von Neubauten stagniert seit einigen Jahren. Um die Ziele der Energieautonomie für 2030 und 2050 zu erreichen, muss es gelingen, die mittlere Qualität nochmals zu verbessern. Da die im Mittel notwendige energetische Qualität zu Mehrkosten von max. 1 % der Bauwerkskosten umsetzbar ist, dürfte der Wohnungsneubau die kleinste der Herausforderungen sein. 

Nicht-Wohngebäude

Nicht-Wohngebäude sind für ca. 1⁄3 des Wärmeverbrauchs aller Gebäude verantwortlich. In den nächsten Jahren wird es darauf ankommen, den Anteil energetisch sehr guter Gebäude in Neubau und Sanierung deutlich zu steigern. Zahlreiche gute Beispiele gibt es aus den Vorarlberger Gemeinden, die in den letzten knapp zwanzig Jahren 100 öffentliche Gebäude nach nachhaltigen Kriterien errichtet oder beauftragt haben. Auch im nichtöffentlichen Bereich gibt es bereits wegweisende Projekte.

Sanierung Wohngebäude

Obwohl es hervorragende Beispiele effizienter Sanierungen wie die Faktor- 10-Sanierungen der VOGEWOSI oder das im Rahmen von klimaaktiv ausgezeichnete Mehrfamilienhaus in Hörbranz gibt, ist die Sanierungsrate in den letzten Jahren deutlich gesunken. In den nächsten Jahren gilt es, sowohl die Anzahl der Sanierungen, als auch deren Qualität weiter zu steigern. Dass Sanierungen in hoher Qualität gut möglich sind, zeigt die Auswertung der Förderung für die Sanierung von Einzelbauteilen: Ein sehr hoher Anteil wird in der höchsten Bonusstufe ausgeführt.

Resümee

Der Gebäudebereich ist der einzige, in dem alle zur Erreichung der Klimaschutzziele benötigten Komponenten und Konzepte verfügbar und wirtschaftlich umsetzbar sind. Wie die Szenarienstudie des Energieinstitut Vorarlberg zeigt, können die Ziele trotz Bevölkerungswachstums erreicht werden. Tun wir also, was wir wissen.

 

Artikel von Martin Ploß, Bereichsleiter Energieeffizientes Bauen am Energieinstitut Vorarlberg erschienen in max50, April 2019 der Zeitschrift des Energieinstituts Vorarlberg.
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