Im österreichischen Leitprojekt „Sustainable Photovoltaics“ „Nachhaltige Photovoltaik - PVRe²“ liegt der Fokus im nachhaltigen Recyceln, der Weiterentwicklung und auch dem Instandsetzen von defekten Photovoltaik Modulen. Wie können defekte PV-Module repariert und so die Lebensdauer von PV-Modulen verlängert werden? Ist es vielleicht nachhaltiger, alte Module nicht zu reparieren, sondern durch neue effizientere Module zu ersetzen? Wie können die Module dann am Ende ihrer Lebenszeit möglichst hochwertig recycliert werden? Welche umweltkritischen Substanzen sind in PV-Modulen enthalten und wie können diese vermieden werden?
Was passiert mit ausgedienten Photovoltaikmodulen?
Photovoltaik Module haben eine Lebenserwartung von rund 25 bis 30 Jahren, manchmal auch länger. Die wenigen, defekten oder ausgedienten Module, die bisher anfielen, wurden als Elektroschrott oder Altglas entsorgt und in Recyclinganlagen mit allgemeinen Technologien aufbereitet, welche auf laminiertes Glas, Metall oder elektronischen Abfall spezialisiert sind. Ein fachgerechtes und auf die Solartechnik spezialisiertes Abfallentsorgungssystem zur optimalen Rohstoffverwertung für größere Mengen existiert noch nicht. PV-Module bestehen aus Bestandteilen wie Glas, Siliziumzellen, Aluminiumrahmen, Silber, Kupfer und Kunststoffen.
Die Aufbereitungsschritte in heutigen Recyclinganlagen
In den Aufbereitungsanlagen werden die Module zuerst entrahmt (-> Alu-Recycling), die Anschlußdosen entfernt und das Modullaminat dann mechanisch zerkleinert und die Hauptbestandteile über physikalische Trennverfahren getrennt. Glas wird wiederverwendet, die Metallfraktion abgetrennt und die Reststoffe landen häufig in Verbrennungsöfen.
Herausforderung der nächsten Jahre
Aktuell erreichen viele Anlagen der ersten Generation langsam das Ende ihrer Leistungsspanne. Die Herausforderung ist, die mehreren Millionen Tonnen Module fachgerecht zu entsorgen und zu recyclen. Es geht dabei auch um wertvolle Rohstoffe, die in den Solaranlagen verbaut sind und durch ein gezieltes Recycling einem Wiederverwertungsprozess zugeführt werden können.
Technische Lösungen
Gesamtprojektleiter Dr. Gernot Oreski vom PCCL: „Ziel ist es, zum einen den gesamten Recyclingprozess von PV Modulen zu optimieren, zum anderen aber auch die Recyclingfähigkeit der einzelnen Solarkomponenten zu erhöhen. Dazu wollen wir die chemischen, physikalischen und mechanischen Grundlagen für ein schichtweises Trennen der einzelnen Komponenten eines PV Moduls erforschen. Um ein sortenreines Recycling zu ermöglichen, wollen wir geeignete Messsysteme entwickeln, die eine genaue Identifikation der Materialzusammensetzung einzelner Module erlauben und automatisiert ablaufen.“ Die Reinheit und Funktionalität der Materialien soll dabei bestmöglich erhalten werden, um sie wieder nutzen zu können.
Nachhaltige Materialwahl
Die Nachhaltigkeit beginnt aber schon beim Produktdesign und der Materialauswahl. Diesen Aspekt will das Forscherteam besonders berücksichtigen, indem es die Entwicklung von kostengünstigen, nachhaltigen PV Modulen durch ein recyclinggerechtes Design (z.B. leicht lösende Klebeverbindungen und thermoplastische Materialien), aber auch durch die Reduktion und Vermeidung von toxischen Materialien und Gefahrenstoffen (z.B. Blei) erzielen will. Bei der Vermeidung von Blei kann das Forscherteam auch auf erfolgreiche Ergebnisse vorangegangener Projekte zugreifen: So konnte man durch den Ansatz „Kleben statt Löten“ den Bleianteil von ca. 20 Gramm pro PV-Modul auf nahezu Null reduzieren. Erste bleifreie Solaranlagen sind von der Stadt Villach bereits im Einsatz und wurden mit dem Energy Globe Award 2017 in der Kategorie „Erde“ ausgezeichnet.
Reparatur von beschädigten Modulen
Auch die Reparatur von beschädigten Modulen wird berücksichtigt. Lukas Neumaier Projektleiter des Forschungszentrums SAL: „Hier geht es vor allem um die Entwicklung geeigneter Reparatursysteme, die direkt an der Photovoltaik Anlage im Feld einfach und schnell durchgeführt werden können. Wir wollen möglichst früh und rasch erkennen, ob Abnützungserscheinungen an der Rückseitenabdeckung vorliegen. So können wir die Wahl der Reparaturmaßnahme verbessern und letztlich auch die Leistungs- und Nutzungsdauer eines Photovoltaik Modules verlängern." Am OFI wird auf Basis einer detaillierten Schadensanalyse eine Reparaturlösung für gecrackte Rückseitenfolien entwickelt. „Unser Ziel ist, die operative Lebenszeit der geschädigten Module durch Reparaturbeschichtungen um mindestens 10 Jahre zu erhöhen“, sagt Gabriele Eder, Projektleiterin am OFI.
Das IBO unterstützt das Projektteam mit Konzepten und Methoden zur effizienten Beurteilung der ökologischen Auswirkungen von Maßnahmen zur Erhöhung der Recyclingfähigkeit und zur Reparatur von beschädigten PV Modulen („Ökoscan“).
Fachtagung am 5. und 6. November in Wien
Am 5. und 6. November findet eine Fachtagung zum Thema „PV-Modulinnovationen, Recycling und Integration in die gebaute Umwelt“ im Allianz Stadion Wien statt. Das Projektteam ist mit drei Vorträgen und einem Workshop am Dienstagnachmittag in der Fachtagung vertreten.
Projektinfos
Projektleitung: Polymer Competence Center Leoben GmbH, Gernot Oreski
Wissenschaftliche Partner: Montanuniversität Leoben - Chair of Waste Processing Technology and Waste Management, OFI Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik, PCCL Polymer Competence Center Leoben GmbH SAL Silicon Austria Labs, IBO Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH
Industrie Partner: ENcome Energy Performance GmbH, Borealis AG, KIOTO Photovoltaics GmbH, Peter Seppele GmbH, VDE Renewables GmbH
Programm: FFG Energy Research 4th call
Laufzeit: Oktober 2018 - September 2021
IBO und OFI sind Mitglied der ACR – Austrian Cooperative Research