Der Baubranche wird ein geringer Innovations- und Digitalisierungsgrad nachgesagt und immer wieder in Studien attestiert. Die kleinteilige Struktur der Bauwirtschaft und die komplexen Prozesse mit vielen Beteiligten mögen hier hemmend wirken. Natürlich ist Digitalisierung kein Selbstzweck und in jedem Fall die Kosten-/Nutzen-Frage abzuwägen – aber letztlich würde die Branche sehr vom Einsatz digitaler Technologien profitieren: durch gesteigerte Produktivität, bessere und effizientere Zusammenarbeit oder bestimmte Gebäudequalitäten.
Im soeben abgeschlossenen Forschungsprojekt KMU 4.0 hat das IBO gemeinsam mit weiteren ACR-Instituten untersucht, welche neuen Entwicklungen für die Baubranche, besonders für die Phase der Gebäudeerrichtung, relevant sind. Thematisiert wurde nicht nur das Paradebeispiel für Digitalisierung am Bau, Building Information Modelling (BIM), die Bandbreite reicht von Baustellen-Apps und virtuellen Baubesprechungen bis hin zu noch kaum verbreiteten Anwendungen wie dem 3D-Druck von ganzen Gebäuden oder der Überwachung der Lieferkette mittels Blockchain-Technologie.
UnternehmerInnen aus der gesamten Wertschöpfungskette Bau wurden zu ihren konkreten Erfahrungen mit Digitalisierung befragt. Hier zeigte sich, dass die Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen meist an die immer gleichen Hindernisse stößt: technische Themen wie zu wenig ausgereifte Technologien, der Aufwand für die Schulung der MitarbeiterInnen, aber vor allem der Kostenfaktor. Zu viel hängt noch an der persönlichen Affinität der UnternehmerInnen zu digitalen Technologien – und scheitert mitunter an mangelnder Nachfrage (z.B. hat ein interviewter Hafner mit Virtual Reality experimentiert, dies wurde aber von den Kunden nicht angenommen). Gleichzeitig muss sich jede/jeder UnternehmerIn die Frage stellen, welche Neuerungen in Zukunft einen Wettbewerbsvorteil bieten bzw. überhaupt unverzichtbar werden. Mehrere im Projekt KMU 4.0 entwickelte Tools sollen dabei die EntscheidungsträgerInnen unterstützen.
Um Orientierung über Zukunftstechnologien und deren Anwendung am Bau zu geben, wurde eine Digital Landscape für die Bauwirtschaft ausgearbeitet. Die Technologien bzw. deren Anwendungen wurden dazu in drei Fortschritts-Levels, je nach Komplexität und Verbreitungsgrad, eingestuft. In dieser Darstellung findet man kompakt, auf welche Art und Weise die Technologien in der Baubranche angewandt werden können, welche Potenziale sie bieten und welche Herausforderungen damit verbunden sind. Wer mehr zu einer einzelnen Technologie wissen möchte, gelangt über Links ins Lexikon und findet dort detailliertere Informationen sowie weitere Infoquellen.
In einer Förderübersicht sind Förderungen für Beratungsleistungen sowie Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, aber auch Förderungen für Investitionen in Digitalisierungsprojekte, zusammengefasst. Strukturiert nach Bundesländern finden hier vor allem Klein- und MittelunternehmerInnen die passende Förderung.
Für Kachelofenbauer*innen wurde das Coachingprogramm HAFNERdigital entwickelt und umgesetzt. Unter der Federführung des Österreichischen Kachelofenverbands erhielten 20 Hafner drei Monate lang ein kostenloses Coaching zu Digitalisierung und digitalen Werkzeugen. Geführt durch Ronald Hechenberger vom Kompetenzzentrum für Digitalisierung setzten sie konkrete Digitalisierungsmaßnahmen im Betrieb um. Oft sind diese mit geringem Aufwand verbunden, bewirken aber eine deutliche Verbesserung z.B. der Präsenz im Netz und damit zusätzliche Aufträge. Ebenso wurde der Zeitaufwand für die teilnehmenden Hafner vergleichsweise gering gehalten. Nach einer Auftaktveranstaltung erfolgten die Coachings vor allem in ortsunabhängigen Webinaren und mithilfe von Videos. Dementsprechend positiv fielen die Rückmeldungen der Teilnehmer aus. Weitere Branchencoachings sind angedacht bzw. können auch für andere Industriezweige angeboten werden.
Alle Projektergebnisse sind auf www.acr.ac.at/projekt-kmu-40/ zu finden. Lassen Sie sich von den Erfahrungen anderer inspirieren und bei der Digitalisierung unterstützen – schließlich gilt „Gemeinsam schaffen wir das“ nicht nur für die Corona-Krise!
Gefördert durch das BMDW im Rahmen der Strategischen Projekte der ACR 2018
Projektpartner
• KMU Forschung Austria (Projektleitung)
• GET – Güssing Energy Technologies
• ÖIAT – Österreichisches Institut für angewandte Telekommunikation