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Modernisierung auf Ebene der Nutzungseinheit - Maßnahmen und Musterlösungen
Gründerzeit-Toolbox Beitrag II

In diesem 2. Teil der 3-teiligen Beitragsserie zur Gründerzeit-Toolbox wird die im Forschungsprojekt durchgeführte Umsetzung einer 2-lagigen Innendämmung in Kombination mit Fenster-Modernisierung durch Wiener-Komfort-Fenster sowie einer neuen Heizung und kontrollierter Wohnraumlüftung beschrieben. Durch die o.a. Sanierungsmaßnahmen konnte im Testraum ein HWB von 23,7 kWh/m²a erreicht werden!

BauphysikFeuchte und SchimmelpilzschädenInnendämmungBehaglichkeitMonitoringBauphysikalische NachweiseGebäudesimulationBaukonstruktionen & Baustoffe

Innendämmung

Die Prototypische Umsetzung erfolgt in einem nach Norden orientierten Raum mit einer Wohnnutzfläche von ca. 25 m² und 2 Fensterachsen. Für die Innendämmung wurde ein System mit sehr hohem Dämmstandard, in Vergleich zu konventionellen Dämmstärken von 5,0 bis 8,0 cm, gewählt und damit ein Uw neu von 0,196W/m²K erreicht. Die 13 cm starke Innendämmung wird in 2 Lagen aufgebracht. Die 1. Lage besteht aus einer 8,0 cm Mineralwolldämmung-Premium, Lambda 0,032 W/mK, zwischen 5/8 Staffeln und 1,5 cm OSB 4 Platten (Dampfbremse), die 2. Lage – Installationsebene mit 5 cm Mineralwolldämmung-Premium, Lambda 0,032 W/mK (Abbildung 1) zwischen 5/5 Staffeln und 1,0 cm Gipsfaserplatte (Abbildung 2).

Fenster

Die Fenstermodernisierung wurde mit dem Einbau der WienerKomfortFenster in 2 Varianten hinsichtlich der thermischen Qualität der Verglasung und der Ausführung der Leibungsdämmung umgesetzt. Das WienerKomfortFenster ist ein, im Rahmen einer von der Technologieagentur der Stadt Wien geförderten Forschungsarbeit speziell für die Erhaltung und Sanierung historischer Kastenfenster entwickeltes, Sanierungssystem, bei dem die bestehenden Innenflügel durch einen neuen Bauteil aus Holz ersetzt werden. Außenflügel und Fensterstock bleiben erhalten, schlanke Fensterprofile und sehr gute Wärme- und Schallschutzwerte zeichnen das System aus.
Bei diesem Projekt ist das WienerKomfortFenster mit 2-fach Wärmeschutzisolierverglasung 6/16/4, Ug-Wert 1,1 W/m2K, in Kombination mit einer 3,0 cm Aerorock-Dämmplatte als Leibungsdämmung für das Fenster 1, und das WienerKomfortFenster mit 3-fach Wärmeschutzisolierverglasung 3/8/2/8/4, Ug-Wert 0,6W/m2K und einer ca. 5 cm XPS Platte als Leibungsdämmung, Fenster 2, zum Einsatz gekommen.

Heizung und Lüftung

Die Lüftung erfolgt durch eine kontrollierte Wohnraumlüftung. Luftführung in abgehängter Decke im Vorraum mit Kernbohrungen zu den Aufenthaltsräumen. Der Testraum ist Zuluftraum mit Überstromöffnung zum Vorraum.
Die bestehenden Radiatoren unter den Fenstern wurden abgebrochen und durch ein ca. 4,5 m langes, in den neuenWandaufbau integriertes, Heizleistenelement (Abbildung 3 und Abbildung 4) ersetzt. Der Heizungsrücklauf kann wahlweise auf der Höhe des Heizelementes geführt werden, oder seitlich entlang der einbindenden Zwischenwände und an der Deckenunterseite zur Erwärmung der Wand- und Deckenichsen. Eine weitere Variante der Heizung stellt die Ausbildung eines Hypokaustums (Warmluftheizung) im mittleren Mauerabschnitt zwischen den Fenstern dar. Der Luftaustritt der beheizten Luft in Deckennähe soll eine gezielte Erwärmung des Deckenbereichs gewährleisten und wird messtechnisch untersucht.

Balkenköpfe

Die Balkenköpfe wurden freigelegt und begutachtet. Zur Erhöhung der Bauteilsicherheit wird im Rahmen des Forschungsprojekts ein System zur temporären indirekten Beheizung der Balkenköpfe (Abbildung 5) untersucht, bei dem links und rechts der Balkenköpfe in das Ziegelmauerwerk Elektroheizstäbe eingebracht wurden.. Der Fußboden wird auf 60 cm Breite mittels OSB-Platte luftdicht wieder verschlossen. Zur Abschätzung des Einflusses der Balkenkopfheizung wurden stationär 3D-Wärmebrückenberechnungen für ausgewählte Positionen und Leistungen durchgeführt (Abbildung 6). Zurzeit laufen 3d-Berechnungen zur Beurteilung der Wirksamkeit der Balkenkopfbeheizung im Zeitverlauf. Betriebszustände der Heizung können so optimiert und kritische Zustände im Bauteil – welche zu Schimmelpilzbildung und Holzverrottung und in weiterer Folge zu gesundheitlichen und statischen Problemen führen – ausgeschlossen werden.

Berechnung

Die Bemessung erfolgte in einem ersten Schritt nach ÖNorm B 8110 Teil 2.Weiter wurde für die Konstruktion eine 2-dimensionale instationäre hygrisch-thermische Simulation durchgeführt. Zusammen mit 2D- und 3D-Wärmebrückenberechnungen stellen Sie die bauteilbezogene bauphysikalische Nachweisführung dar. Raumbezogen wurden zur Beurteilung der Auswirkungen der Modernisierungs-Maßnahmen Heizwärmebedarf, Heizlast – zur Auslegung des Heizsystems – und das sommerliche Temperaturverhalten ermittelt.

Messung

Für das Projekt liegen Messdaten aus dem unsanierten Zustand über eine Heizsaison vor. Die messtechnische Begleitung des sanierten Projekts erfolgt seit Fertigstellung im Dezember 2014. Erfasst werden Innen- und Außenklima, Oberflächentemperatur und relative Luftfeuchte in den Fensterleibungen im Bereich der Fensteranschlüsse, an den Stirnseiten 2 ausgewählter Balkenköpfe, zwischen Bestandsmauerwerk und Innendämmung sowie in den Lufträumen der Tramdecke. Die Daten werden in 10-Minuten Schritten erfasst und täglich in die Mess-Datenbank der IBO GmbH übertragen. Dort werden sie automatisiert grafisch aufbereitet und als Bericht per Mail zugestellt oder im dem Web abgerufen und eingesehen werden. Weiter können die erhobenen Messdaten –, basierend auf den Ergebnissen der Berechnungen – zur Steuerung der Balkenkopfheizung herangezogen werden.

Schimmelpilzbildung und Holzverrottung ausgeschlossen

Die Auswertung der ersten Messedaten (Abbildung 7) bestätigt die Ergebnisse aus der Berechnung, dass es in den untersuchten Bereichen der Konstruktion nicht zu Schimmelpilzbildung (Abbildung 9 und Abbildung 10) und Holzverrottung kommt (Abbildung 8).

Ziele erreicht

Die Ziele, eine Erhöhung der Energieeffizienz sowie eine möglichst geringe Eingriffsintensität in die vorhandene Bausubstanz wurden in der praktischen Umsetzung im Demonstrationsprojekt GründerzeitToolbox in der Barichgasse bestmöglich verfolgt und erfüllt. Eine bessere Strukturierung der Leitungsführungen, Straffung des Zeitplans für die Dauer der Arbeiten, eine Qualitätssicherung von der Planung bis zur Ausführung und eine weitestmögliche Vermeidung von statischen Eingriffen sowie formal überzeugende Detaillösungen auch in Hinblick auf Gestaltung und Denkmalschutz können realisiert werden. Neben rein technisch-wirtschaftlichen finden auch ökologische und gesundheitliche Aspekte durch den Einsatz entsprechender Baustoffe umfassend Berücksichtigung.

Ein Qualitätsstandard für die Sanierung

Durch die im Projekt entwickelte Muster-Sanierungslösung kann ein Qualitätsstandard gesetzt werden, der Dauerhaftigkeit und Schadensfreiheit sicherstellt sowie die Nutzerakzeptanz für hochwertige Sanierungsmaßnahmen steigert. Durch das Angebot einer solchen Muster-Sanierungs-Lösung, welche hinsichtlich Kosten, Nutzen, Risiko und Aufwand optimiert und leicht kalkulierbar ist kann die Sanierungsbereitschaft gesteigert werden und so zur Erhöhung der Marktdurchdringung und letztendlich zur Steigerung der Energieeffizienz des Gebäudebestandes entscheidend beitragen. Hoher Wohnkomfort und Energieeffizienz stehen dabei nicht im Widerspruch mit dem Erhalt architektonischer Konzeptionen und historischer Bausubstanz.

 

 

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