LCA und die Bilanzierung der End-of-Life Phase von Gebäuden
Während es für die Herstellungsphase von Gebäuden inklusive der Produktion der Baustoffe (Phase A) und die Nutzungsphase B (mit Betriebsenergie, Wasserverbrauch, Austausch von Bau- und TGA-Komponenten, etc.) ausreichende Erfahrungen in der Bilanzierung gibt, ist die Beurteilung von Umweltauswirkungen der Entsorgungsphase (End-of-Life Phase C) von Gebäuden bis jetzt nur untergeordnet behandelt worden, rückt aber mit dem Ziel, kreislaufgerechtes Bauen zu fördern immer mehr in den Fokus.
Die noch gültige Hauptnorm der EN 15978 aus 2012 [1] tituliert die End-of-Life-Phase von Gebäuden noch als reine „Entsorgungsphase“. Im Normentwurf aus 2024 wird dem End-of-Life Begriff näherkommend auch vom „Ende der Nutzungsphase“ gesprochen [2], dh. die End-of-Life Phase beginnt, wenn für das Gebäude keine weitere Nutzungsoption mehr besteht und ein Rückbau vorgesehen werden muss.
Vorausgesetzt wird bei kreislaufgerechtem Bauen, dass alle sinnvollen Maßnahmen zu einer Verlängerung der Nutzungsdauer von Gebäuden gesetzt werden – unter anderem Nutzungsan-passungen bei Tragstrukturen, die eine Nutzungsflexibilität unterstützen, Verwendung langlebiger Bauteile und -Komponenten, klare Trennung des Einbaus kurz- und langlebiger Komponenten mit einfachen Austauschoptionen für Baustoffe mit geringerer Nutzungsdauer, regelmäßige Wartungs- und Reparaturintervalle, etc.
Ist dennoch ein Rückbau unvermeidbar, sind folgende Prozesse (Teilmodule) in der End-of-Life Phase laut ÖN EN 15978 in der Gebäude-Ökobilanz bilanztechnisch zu erfassen:
- C1 umfasst die Aufwände für den selektiven Rückbau oder Abbruch des Gebäudes (inklusive Vorsortierung von Bau- und Abbruchabfällen am Grundstück).
- C2 bilanziert den Transport der rückgewonnenen Materialien oder Abbruchabfälle von der Rückbau-Baustelle zum Ort der Abfallbehandlung bzw. bei Abfällen, die den Abfallstatus nicht verlieren, zum Entsorgungsort.
- C3 berücksichtigt alle vorbereitenden Maßnahmen, die für eine potenzielle Wiederverwendung, Recycling oder für die Energierückgewinnung aus Abbruchabfällen erforderlich sind, damit ein rückgebauter Baustoff seinen Abfallstatus verliert (d.h. alle Maßnahmen zur „Abfallbehandlung“). Im Modul C3 werden darüber hinaus auch Effekte der Energierückgewinnung aus der Verbrennung von Abbruchabfällen erfasst (vorausgesetzt, diese werden in Anlagen mit einer Energieeffizienzrate von mehr als 65 % verbrannt).
Liegt die Effizienzrate unter 65 %, gilt das Verfahren der thermischen Behandlung als energetische Beseitigung. Aufwände und Belastungen dazu werden in Modul C4 „Abfallbeseitigung“ bilanziert, genauso wie Aufwände der Deponierung.
Modul D: Vorteile und Lasten jenseits der Systemgrenze Gebäude
Modul D gilt als reines Informationsmodul. In diesem Modul werden Vorteile und Lasten aufgelistet, die sich durch Wiederverwendung oder das Recycling von Baustoffen ergeben. Wie bereits erwähnt dürfen sie laut aktueller Normung nicht beim Spendergebäude (post-consumer-seitig), sondern nur im Zielgebäude (pre-consumer-seitig) in Form von Sekundär(roh)stoffen bilanziert werden. Zu erfassen sind dabei auch Vorteile durch Energiegewinnung bei der Verbrennung von Materialien am Ende der Nutzungsphase. Für Energieträger, die das System Gebäude verlassen bzw. nach der Aufbereitung, aber vor der Verbrennung ihren Abfallstatus verlieren und bei einem anderen Baustoffherstellungsprozess als Sekundärbrennstoffe eingesetzt werden können, sind im Modul D die Lasten durch die Verbrennung, aber auch die Vorteile durch den Ersatz anderer (meist fossiler Energieträger) abgebildet. Für den nächsten Produkt- bzw. Gebäudelebenszyklus bedeutet das, dass die Lasten durch die Verbrennung solcher Sekundärbrennstoffe hier bilanziert werden müssen.
Grenzen der LCA Methodik nach ÖN EN 15804: Kritische Betrachtung der Bilanzierungsregeln für Phase C und D
Die Bilanzierung der Lebenszyklusphasen C (End-of-Life) und D (Vorteile und Lasten aus dem System Gebäude) weist Schwächen auf, die eine Gebäudeoptimierung in der Planungsphase in Richtung kreislaufgerechtes Bauen behindern:
- Die Methodik der LCA verharrt noch in klar abgegrenzten, linear gedachten Lebenszyklen von Gebäuden. Vorteile aus Re-Use oder Recycling dürfen erst einem nachfolgenden Bauwerk positiv angerechnet und nicht bereits im End-of-Life des Spendergebäudes bilanziert werden. Die Vorteile aus z.B. Wiederverwendungs-Szenarien können derzeit nur als zusätzliche Information angeführt werden. Innerhalb der Gebäudeökobilanzen ist dies ein konsistentes System. Für die Forcierung von Kreislaufaspekten in Nachhaltigkeitsbewertungssystemen führt die alleinige Betrachtung der Inputseite (Einsatz von Sekundärstoffen bei der Gebäudeerrichtung) zu einer Unterrepräsentanz zirkulären Bauens (v.a. bei der zusätzlich gewünschten Optimierung eines späteren Rückbaus).
- Dadurch kann es über eine LCA-Bewertung zu paradoxen Optimierungen in der Phase C kommen. Grund dafür ist, dass hochwertiges Recycling in der Regel aufwändigere Prozesse der Abfallbehandlung und Aufbereitung erfordert und damit deutlich höhere Umweltwirkungen als typische Beseitigungswege und minderwertigeres Recycling generiert. Konkret bedeutet das, dass die Vorbereitungsmaßnahmen für stoffliche Verwertungen in der Phase C schlechter als Deponierung abschneiden können.
- Letztlich entscheidet die Definition des Abfallstatus, wo die Verbrennung aus Rückbauabfällen zu bilanzieren ist. Wird das Ende der Abfalleigenschaften vor der Verbrennung erreicht, d.h. das aufbereitete Material gilt als Sekundärbrennstoff, werden die Umweltwirkungen der Verbrennung erst in Modul D schlagend. In der Phase C des Produktlebenszyklus treten dadurch mit dem Recycling vergleichbare oder sogar niedrigere Belastungen bei der Verbrennung auf.
- Die Vorteile durch Verbrennung, die im Modul D ausgewiesen werden, sind im Normalfall (Ersatz von fossiler Energie) deutlich höher als die Vorteile durch die Wiederverwendung oder das Recycling.
- Darüber hinaus wird das in biogenen Baustoffen gespeicherte CO2 in der Phase C als „theoretisch freigesetzt“ bzw. ausgebucht betrachtet, auch wenn das Bauprodukt im nächsten Gebäudezyklus wiederverwendet oder werkstofflich genutzt wird und dort wieder mit ggf. negativem GWP berücksichtigt werden kann. Auch hier ergibt sich somit kein Vorteil für die Wiederverwendung oder das Recycling im Vergleich zur Verbrennung, bei dem das CO2 tatsächlich freigesetzt wird.
- Vor allem bei mineralischen Baustoffen sind die Einflüsse der Lebenszyklusphase C (End-of-Life) auf das Gesamtergebnis einer Gebäudeökobilanz insgesamt zu gering, um Steuerungseffekte in Richtung mehr Kreislaufwirtschaft damit erreichen zu können, zumal die Vorteile – wie bereits dargelegt – außerhalb der Systemgrenze des betrachteten Spendergebäudes liegen.
Zirkularitätsindikatoren – eine wesentliche Ergänzung zur Gebäudeökobilanz
Deshalb wurden in den letzten Jahren separate Zirkularitätsindikatoren – ergänzend zur Gebäudeökobilanz – entwickelt, um kreislaufgerechtem Bauen einen höheren Stellenwert in Nachhaltigkeitszertifizierungen zu geben, wie zum Beispiel der Zirkularitäts-Index (BBSR / IBO), der Urban Mining Indicator, der Madaster Circularity Indicator, der DGNB-Zirkularitäts-Index. Einerseits sollen dadurch wiederverwendbare oder rezyklierbare Stoffströme besser sichtbar gemacht werden und andererseits auch die Rückbau- bzw. Demontagefähigkeit von Gebäuden, Bauteilen und Baukomponenten in die Gesamtbeurteilung einbezogen werden.
Wesentlich für die Zirkularitätsbewertung sind dabei umfassende Dateninventare zur generischen Einstufung von Baustoffen. Ein solches Inventar sowie eine darauf abgestimmte Methodik zur Beurteilung der Kreislauffähigkeit von Gebäuden und Baukonstruktionen wurde vom IBO in enger Kooperation mit dem deutschen Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBR) erarbeitet [3], [4], [5]. Ziel war es, den BNB Kriteriensteckbrief 4.1.4, der sich insbesondere mit der End-of-Life Bewertung von Gebäuden und der Demontage- und Rückbaufreundlichkeit auseinandersetzt, zu verbessern und ein semi-quantitatives Bewertungssystem dafür zur Verfügung zu stellen. Neben seiner Anwendung in einem zukünftigen Update des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (Stand Mai 2025) wird auch in österreichischen Gebäudenachhaltigkeitszertifizierungen wie klima:aktiv der Zirkularitäts-Index als alternative Bewertung zur bisherigen Einstufung von Circular Economy Kriterien (gefordert war bislang Rückbaukonzept plus Angabe des Entsorgungsindikators) eingeführt.
Der Zirkularitäts-Index (BBSR / IBO) ist in den Bewertungssystemen in eine Reihe weiterer quantitativer und qualitativer Kriterien eingebettet, die das Gesamtpaket an Optimierungsstrategien zum zirkulären Bauen ergänzen (u.a. Gebäudeökobilanz, materialbezogene Rohstoff- und Ressourcenindikatoren, Einsatz von Sekundär(roh)stoffen, Maßnahmen zur Nutzungsflexiblität von Gebäuden).
Der Zirkularitäts-Index (BBSR / IBO)
Ziel des entwickelten Bewertungsverfahrens war es, einen möglichst verlust- und zerstörungsfreien Rückbau der Konstruktionen zu fördern und eine hohe Ausschöpfung des Zirkularitätspotenzials der verbauten Baustoffe zu gewährleisten. Gleichzeitig sollten auch wiederverwendbare Baustoffe, Bauelemente oder Baukomponenten einfach identifiziert werden können.
In aufeinander aufbauenden Bewertungsschritten werden folgende drei Eigenschaften klassifiziert:
- Zirkularitätspotenzial (Ausgangs- und finales Zirkularitätspotenzial)
- Rückbaupotenzial
- Materialverträglichkeit von Materialverbünden
Schritt 1: Zunächst wird das Zirkularitätspotenzial unverbauter Baustoffe, Bauelemente oder -komponenten („Ausgangspotenzial“) bestimmt.
Schritt 2: Da die Einbausituation verbauter Baustoffe das spätere Zirkularitätspotenzial wesentlich mitbestimmt, wird in einem zweiten Schritt das sich aus den Fügungen ergebende Rückbaupotenzial ermittelt.
Schritt 3: Wird festgestellt, dass Baustoffe auf der Rückbau-Baustelle nicht wirtschaftlich getrennt werden können, wird in einem dritten Schritt die Materialverträglichkeit von nicht-trennbaren Materialverbünden beurteilt. Dabei sind Fremdstoffe, Stör- oder Schadstoffe, die die stoffliche oder energetische Verwertung eines Baustoffs beeinträchtigen können, zu klassifizieren und ihr Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Recyclingprozesses abzuschätzen (z.B. durch erhöhte Aufbereitungsaufwände).
Aus den genannten Bewertungsschritten ergibt sich das finale Zirkularitätspotenzial der Baustoffe, der Bauteile oder Baukomponenten.
End-of-Life-Kategorien
Die End-of-Life (EoL)-Einstufung heute neu verbauter Baustoffe beruht auf den vier Verfahren zur Nachnutzung bzw. Abfallbehandlung von Baustoffabfällen (Wiederverwendung, stoffliche Verwertung, thermische Behandlung und Deponierung), die in weitere Unterkategorien unterteilt sind. Die stoffliche Verwertung umfasst u.a. Closed Loop Recycling (CL) und Recycling in offenen Kreisläufen (mit und ohne erhöhte Aufbereitungsaufwände) bis hin zu Recycling minderer Qualität oder sonstiger stofflicher Verwertung (SV). Das Ausgangs-Zirkularitätspotenzial von Baumaterialien ist durch die jeder EoL-Einstufung zugeordneten Klasse bzw. den jeder Klasse zugeordneten Punkten (vor)eingestuft (Tabelle 1).
Ein detailliertes Glossar zu den EoL-Kategorien ist im Endbericht zur Fortentwicklung des BNB Kriteriensteckbriefs 4.1.4 [3] ent-halten.
Für Bestandsbaustoffe mit Gefahrenstoff-relevanten Eigenschaften kommen darüber hinaus drei weitere Gefahrenstoff-Klassen (H bis J) hinzu, siehe dazu BIMstocks Klassifizierung [6]. Grundsätzlich reicht der Wertebereich von +100 Punkten (Closed Loop RC) bis –100 Punkte (Default-Gefahrenstoffklasse) mit Überbepunktungen für besonders ambitionierte Maßnahmen im Bereich der Kreislaufwirtschaft, im speziellen der Wiederverwendung (140 Punkte) oder im negativen Bereich für Gefahrenstoffe, die besonders hohe Aufwände bei Rückbau und Entsorgung generieren (-140 Punkte). Auf die Gefahrenstoffklassifizierung von Bestandsbauteilen, die im Zuge des BIMStocks Forschungsprojekts [6] vom IBO erarbeitet wurde, wird hier nicht näher eingegangen.
Rückbaupotenzial der verbauten Baustoffe, Bauteile oder Baukomponenten
Die einfache Trennbarkeit der Baustoffe stellt eine wesentliche Grundanforderung für ein kreislaufgerechtes Bauen dar. Die Bewertungsmatrix unterscheidet Fügungen nach dem Aspekt, ob Baustoffe, Bauteile oder Komponenten grundsätzlich zerstörungsfrei rückbaubar sind und damit das Potenzial zur Wiederverwendung haben. Ist ein Rückbau nur unter Schädigung der Form- oder Materialstruktur möglich, wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob der rückgebaute Baustoff relevante, nicht trennbare Fremd-, Stör- oder Schadstoff-Verunreinigungen in Bezug auf den anvisierten Verwertungsweg aufweist.
Das Rückbaupotenzial wird in vier Bewertungskategorien (I-IV) eingestuft, die in Tabelle 2 näher erläutert sind.
Ab Rückbauklasse IV liegen die ausgebauten Baustoffe auf der Baustelle mit Verunreinigungen aus angrenzenden Schichten vor. Die Verunreinigungen können auch noch bei der weiteren Abfallbehandlung abgetrennt werden. Für die spätere Verwertbarkeit des rückgebauten Baustoffs ist daher das Endergebnis aus Rückbau und Trennprozess bei der Abfallbehandlung entscheidend. Es werden hier also vorerst keine Malus-Punkte für diese Rückbauklasse vergeben. Bei Rückbauklasse IV muss die Materialverträglichkeit nicht-trennbarer Schichten oder Komponenten in einem nächsten Schritt beurteilt werden.
Materialverträglichkeit
Können Materialverbünde nicht auf der Rückbau-Baustelle getrennt werden, wird geprüft, ob die Verunreinigungen wesentliche Auswirkungen auf das Verwertungsszenario des Hauptstoffes haben. Ist dies der Fall, erfolgen höhere oder geringere Abzüge in der Bewertung des Zirkularitäts-Potenzials, unter anderem für mehr Materialverluste, erhöhte Aufbereitungs- und Trennaufwände oder reduzierte Rezyklatqualität. Im schlechtesten Fall muss ein gänzlich anderer End-of-Life Weg (z.B. energetische Beseitigung anstelle Closed Loop Recycling) eingeschlagen werden. Dies erfordert eine Neueinstufung des rückgebauten Baustoffs.
Anhaftende Verunreinigungen werden dabei in 4 Kategorien (S1 bis S4) eingeteilt (siehe Tab. 3).
Anhaftende Verunreinigungen von rückgewonnenen Baustoffen führen ab Kategorie S2 zu Abwertungen des Zirkularitätspotenzials. Die Höhe der Abstufungen sind von der Fremd- oder Störstoffkategorie und der jeweiligen End-of-Life Klasse des unverbauten Baustoffs (A bis G) abhängig (Tabelle 4). Die Verunreinigungen werden additiv erfasst, d.h. für jede identifizierte Verunreinigung gibt es Minus-Punkte, die von den für das Zirkularitätspotenzial des unverbauten Baustoffs erzielbaren Punkten abgezogen werden.
Auf Bauteil- oder Gebäudeebene werden die Ergebnisse der einzelnen Bauteilschichten für das Zirkularitätspotenzial und das Rückbaupotenzial volumengewichtet aggregiert.
Der Zirkularitäts-Index (BBSR / IBO) im Praxistest
Sowohl auf Bauteil- als auch auf Gebäudeebene liefert der Zirkularitätsindex valide und richtungsstabile Ergebnisse. Dies hat die Anwendung in etlichen Forschungsprojekten gezeigt: im Rahmen des Projekts LehB:Klimafit! [7] wurden Sanierungsmaßnahmen an Bestandsbauteilen mit der Methodik evaluiert und eingestuft. Variantenstudien für großvolumige Neubauprojekte wurden für das Demonstrationsprojekt Klimademo Vis-à-Vis [8] sowie für Circular Twin [9] durchgeführt.
Passivhaus-Bauteilkatalog – ergänzt um Zirkularitätsindikatoren
Für die bewährten Konstruktionen des IBO Passivhaus-Bauteilkatalogs, der mit April 2025 in seiner 5. Auflage erschienen ist [10], liegen nicht nur aktualisierte ökologische LCA-Bewertungen, sondern auch detaillierte Ergebnisse der Zirkularitätseinstufung in baubook vor. Der bisherige (in die Jahre gekommene) Entsorgungsindikator wurde dabei durch Rückbau- und Zirkularitätseinstufungen des neuen „Zirkularitäts-Index“ (BBSR/IBO) ersetzt.
Über im Passivhaus-Bauteilkatalog integrierte QR-Codes ist ein direkter Zugriff auf die Einstufungen der Baukonstruktionen in der Online-Datenbank baubook möglich (https://www.baubook.at/phbtk/). Voreingestuft sind damit folgende Baukonstruktionen in einer Standard- und bauökologisch optimierten Variante:
- 30 Außenwände
- 28 Steil- und Flachdachkonstruktionen
- 26 Deckenkonstruktionen (Geschoß-, außenluftberührte
- Decken, Kellerdecken gegen unbeheizt)
- 8 erdberührte Außenwände
- 28 Fundamentplatten sowie
- 28 Innenwandkonstruktionen (Wohnungstrennwände bzw. Scheidewände).
Zur leichteren Orientierung für die Anwender:innen sind sowohl das Rückbau- als auch das Zirkularitätspotenzial der Baukonstruktionen über eine Farbskalierung von grün über gelb/orange zu rot und Tachonadeln (ähnlich der U-Wert und OI-Klassifizierung) vorbewertet. Die Angabe der Rückbau- und Zirkularitätsklassen geben zusätzlich Auskunft über die Beurteilung der Ergebnisse auf Bauteilebene.
Die folgenden Beispiele (Abb. 3 und Abb. 4) zeigen die Unterschiede in der Rückbau- und Zirkularitätseinstufung von zwei Kellerdecken mit oberseitiger Dämmung.
Hinweis: die optimierten Varianten berücksichtigen einfacher lösbare Fügungen beim Rückbau- bzw. Wiederverwendungs-Szenarien beim Zirkularitäts-Potenzial.
Die Dämmstärken der Konstruktionen des Passivhaus-Bauteilkatalogs sind auf kleinvolumige, wenig kompakte Objekte zugeschnitten. Eine Anpassung an Aufbauten für großvolumige Gebäude mit geringeren Anforderungen an den U-Wert bei Einhaltung des Passivhausstandards wird über den baubook Bauteilrechner hinkünftig einfach möglich sein. Ebenso wird für Berechnungen auf Gebäudeebene in baubook/eco2soft ein separates Tool bis Sommer 2025 zur Verfügung stehen.
Katalog kreislauffähiger Holzbauteile
Die Holzbauweise ist grundsätzlich gut geeignet für die Errichtung von kreislauffähigen Gebäuden. Die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft im Hochbau und damit auch im Holzbau steht derzeit aber noch am Anfang, und kreislauffähige Bauteile stellen noch eine Seltenheit dar.
Im Rahmen eines Waldfonds-Projekts hat das IBO gemeinsam mit der Holzforschung Austria Konstruktionen in Holzmassiv- und Holzrahmenbauweise entwickelt und bewertet, die kreislaufgerechtes Bauen unterstützen [11]. Im Katalog wurden in einem ersten Schritt die Bauteile bauökologisch optimiert, das heißt auf den Einsatz energieintensiver und mit hohem ökologischem Aufwand hergestellter Materialien verzichtet und umweltfreundlicheren und natürlichen Baustoffen wie u.a. Holz, Schafwolle, Stroh oder Lehm der Vorzug gegeben. In einem zweiten Optimierungsschritt wurden Baustoffe mit hohem Zirkularitätspotenzial oder Sekundärrohstoffanteil vorgeschlagen und auf eine weitgehende Reduktion von Kunst- sowie Verbundstoffen Wert gelegt. Alle Aufbauten wurden mit dem Zirkularitäts-Index (BBSR / IBO) bewertet.
Ein zentrales Kriterium für kreislaufgerechte Holzkonstruktionen mit hohem Wiederverwendungspotenzial ist die Auswahl geeigneter rückbaubarer Verbindungsmittel. Im Katalog wurden Fügungen angesetzt, die einen möglichst zerstörungsfreien oder zerstörungsarmen Rückbau der verwendeten Baustoffe ermöglichen, wobei dies nicht für alle Verbindungen (insbesondere bei statisch relevanten oder bei hohen Anforderungen wie z.B. bei Windsogwirkung) möglich ist. Die Beurteilung der Verbindungen erfolgte sowohl auf Bauteilschichtebene als auch auf Ebene der Fügungen der Bauteile oder Bauelemente zueinander.
Der Katalog bietet eine praxisnahe Sammlung konstruktiver
Lösungen zur Verbesserung der Kreislaufführung von Baustoffen in Holzbauteilen. Die Bauteile sind auch im „baubook - Rechner für Bauteile“ (https://www.baubook.at/BTR) unter Beispielbau-teile / Kreislauffähige Holzbauteile (Waldfonds-Projekt) zu finden.
Literatur
[1] ÖNORM EN 15978 (2012-10-01): Nachhaltigkeit von Bauwerken - Bewertung der umweltbezogenen Qualität von Gebäuden – Berechnungsmethode
[2] ÖNORM EN 15978 (2024-05-15) - Normentwurf: Nachhaltigkeit von Bauwerken - Bewertung der Umweltleistung von Gebäuden - Anforderungen und Anleitungen
[3] Figl, H., Fellner, M., et al, Fortentwicklung und Evaluierung des BNB-Kriteriensteckbriefs 4.1.4 Rückbau, Trennung, Verwertung: Endbericht, Forschungsprojekt im Rahmen von Zukunft Bau im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) - Deutschland, SWD 10.08.17.7–16.39, Endbericht 2024.
[4] Figl, H., et al, 2020. Sekundärbaustoff-Kreisläufe im BNB als Beitrag zum ressourceneffizienten Bauen, Projekt im Rahmen von Zukunft Bau, im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) -Deutschland, SWD 10.08.17.7–18.18, Endbericht, 2020
[5] Figl, H., et al, 2018. Untersuchung von gebäudegebundenen Stoffströmen in der Entsorgungsphase, Projekt im Rahmen von Zukunft Bau, im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Deutschland, SWD 10.08.17.7–16.39, Endbericht, 2018
[6] Honic, M., et al. BIMstocks: Digital Urban Mining Platform: Assessing the material composition of building stocks through coupling of BIM to GIS BIMstocks, Berichte aus Energie und Umweltforschung 44/2023, Forschungsprojekt im Rahmen des Förderprogramms Stadt der Zukunft des österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie., Mobilität, Innovation und Technologie, 2023.
[7] Zelger, T., et al, LehB:Klimafit! Lebe heute im Bestand: Zusammen klimafit, Forschungsprojekt im Rahmen des Programms „Stadt der Zukunft“ des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Berichte aus Energie- und Umweltforschung 07/2024
[8] klimademo vis-à-vis : Partizipative Realisierung eines (nicht ganz) klimaneutralen Demonstrationsgebäudes Vis-à-Vis: Forschungs- und Entwicklungsprojekt 2022-2025 im Rahmen des Programms „Stadt der Zukunft“ des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, März 2025
[9] Schützenhofer, S., et al, Circular Twin: Ein digitales Ökosystem zur Generierung und Bewertung kreislauffähiger Digitaler Zwillinge, laufendes Forschungsprojekt im Rahmen des Programms „Stadt der Zukunft“ des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (Stand Mai 2025)
[10] Waltjen, T., et al, IBO Passivhaus-Bauteilkatalog: Neubau / Details for Passive Houses: New Buildings: Ökologisch bewertete Konstruktionen / A Catalogue of Ecologically Rated Constructions, hg.v. Birkhäuser Verlag, April 2025
[11] Katalog kreislauffähiger Holzbauteile. Forschungsbericht des IBO und der Holzforschung Austria in Kooperation mit dem Fachverband der Holzindustrie Österreich. Fördergeber: Waldfonds des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, 2024, Online: www.ibo.at/meldungen/detail/data/katalog-kreislauffaehiger-holzbauteile