Technik kann sowohl als Methode (1) als auch als Sachsystem (2) verstanden werden. In Verbindung mit Gebäuden ist damit einerseits die Herangehensweise bei der Planung zu verstehen – beispielsweise die Antwort auf die Frage, mit welcher Gebäudeausrichtung und Baukörpergestaltung Sonnenenergie optimal genutzt werden kann (1). Andererseits sind die eingesetzten Materialien zur Gebäudeerrichtung (Holz, mineralische Baustoffe usw.) generell und die bereitgestellten Mittel zur Gebäudetemperierung speziell (Heiz-, Kühl-, Lüftungsanlage usw.) (2) gemeint. So gesehen kann es no-tech gar nicht geben.
Die durchdachte Planung eines Gebäudes unter Berücksichtigung von Standortklima, Ausrichtung, Nutzer*innenansprüchen und vieler anderer Aspekte ist eine Methode (1), um die haustechnischen Anlagen (2) auf ein erforderliches Minimum unter Erfüllung des Nutzer*innenkomforts zu reduzieren – so unsere vorläufige Definition für low-tech im Rahmen eines derzeit laufenden Forschungsprojektes [1]. High-tech-Lösungen hingegen nutzen technische Anlagen, um den klimatischen Kontext des Gebäudes nicht mehr spürbar zu machen, sondern weltweit dasselbe enge Komfortfenster zu garantieren. So sehen wir Stahl-Glas-Konstruktionen in Dubai und Toronto, in Nairobi und New-York, in Salzburg und Singapur. Eines ist diesen Konstruktionen gemeinsam: Sie erfordern hier wie dort einen immensen Energieeinsatz, um sie im Sommer wie im Winter entsprechend zu klimatisieren.
Die sogenannte traditionelle Architektur greift Umfeldgegebenheiten auf – sie ist eine Reaktion auf Klima, vorhandene Materialien und gesellschaftliche Ansprüche. Eine Rückkehr zu derlei Maßnahmen ist aufgrund des gestiegenen Komfortbedarfs in der westlichen Welt undenkbar, obwohl Aspekte davon teils übernommen werden. Nicht zuletzt aufgrund der Forderung nach einer Reduktion des Gebäudeenergiebedarfs und des damit verbundenen CO2-Ausstoßes kommen vereinzelt Maßnahmen zur Lüftung und Temperierung zur Anwendung, deren Grundgedanken auf traditionellen, auch als passive Systeme bezeichneten Konstruktionen basieren. Frischluft wird unter Zuhilfenahme des Kamineffekts durch Gebäude geführt, oft mit vorheriger Kühlung bzw. Erwärmung der zugeführten Luft durch die Verlegung der Kanäle im Erdreich. Vorteile dieser Ausführung sind unter anderem der reduzierte Wartungs- und Nutzenergiebedarf und die geringere Abhängigkeit von Lüftungstechniker*innen.
Rezent wird vermehrt auf die Nutzung regenerativer Energiequellen (z. B. Sonne, Wind, Wasser) gesetzt. Zu beachten ist, dass auch die Herstellung der zur Nutzung dieser Energieformen benötigten Sachsysteme nicht unproblematisch ist. Um das Stromnetz auch bei schwankender Einspeisung erneuerbarer Energien wie den gewonnenen Solar- oder Windstrom zu stabilisieren, braucht es hochleistungsfähige Speicherakkus, zu deren Herstellung aktuell eine große Menge Lithium benötigt wird. Die Gewinnung dieses Rohstoffes ist oft verbunden mit der Zerstörung der Lebensgrundlage indigener Völker [2], die Produktion der Lithium-Ionen-Akkus – die zu einem großen Teil in Asien stattfindet – geht einher mit der Nutzung fossiler Energiequellen und demnach mit immensen CO2-Emissionen. Während wir unsere Energie scheinbar grüner machen, wird es anderswo düster. Das heißt, selbst ein kompletter Umstieg von fossilen (nicht erneuerbaren) auf erneuerbare Energiequellen hierzulande würde die globale Umweltproblematik nicht lösen.
Es ist unabdingbar, sowohl ein Gebäude als auch die weltweite Energie- und Ressourcennutzung jeweils als Gesamtsystem zu betrachten. Nur die intelligente Bauwerksplanung unter Beachtung der gegebenen Klimakonditionen, Energie- und Materialressourcen ermöglicht, die zur Herstellung des Nutzer*innenkomforts erforderliche Sachtechnik zu reduzieren. Dieses Minimum an Anlagen muss robust und damit langlebig ausgeführt werden. Das wäre ein Auftrag an die mit Planung und Ausführung beauftragten Akteur*innen, aber auch an politische und wirtschaftliche Entscheidungstragende.
Auch wenn der Anteil der in Österreich gewonnenen erneuerbaren Energie steigt, dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass der Gesamtenergiebedarf stetig zunimmt. Während die Bevölkerung Österreichs in den letzten 50 Jahren um rund 17 % zugenommen hat, stieg in diesem Zeitraum der Energie-Bruttoinlandsverbrauch[3] um etwa 70%. [4] Die Effizienzsteigerung Energie benötigender Produkte und Prozesse ist unabdingbar. Vor der Effizienzsteigerung kommt aber noch die Frage, wieviel Stromverbraucher überhaupt wirklich nötig sind. Unabhängig davon sind auch wir als Nutzende gefordert, manche Komforterwartungen zu hinterfragen und im Winter die guten alten Wollsocken überzuziehen. Auch eine Form von Technik …
[1] Das IBO führt gemeinsam mit dem FH Technikum Wien und wohnbund:consult eine Sondierungsstudie zum Thema Nutzer*innenkomfort durch low-tech Konzepte in Gebäuden (Schwerpunkt Verwaltungsbau), gefördert durch das BBSR, durch.
[2] Die Gewinnung von Lithium in den Salzseen Südamerikas bedarf einer beträchtlichen Wassermenge. Der Grundwasserspiegel in der Region sinkt, den dort ansässigen Menschen fehlt Wasser zur Bewirtschaftung ihrer Felder.
[3] Der Bruttoinlandsverbrauch an Energie entspricht jener Menge an Energie, die notwendig ist, um den Inlandsverbrauch der betrachteten geografischen Einheit zu decken. Er umfasst den energetischen Endverbrauch, Netz- und Umwandlungsverluste, den Eigenverbrauch der Energiewirtschaft und statistische Differenzen.
[4] Quelle: Statistik Austria (https://www.statistik.at/web_de/services/statcube/index.html)