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ID-Solutions
Praxiserprobte Lösungen für die Sanierung mit Innendämmung

Innendämmungen gelten als bauphysikalisch anspruchsvoll. Geschichten von faulenden Balkenköpfen, Schimmelpilzkulturen, Emissionen in die Innenraumluft beruhen auf wahren Begebenheiten – dort, wo unsachgemäß geplant und ausgeführt wurde. Der Leitfaden ID-Solutions zeigt uns praxiserprobte Lösungen für die Sanierung. Damit lassen sich einzelne Wohnungen zu jeder Jahreszeit schadenfrei sanieren.

BauphysikInnendämmung

Das Einsatzgebiet

Sicherlich ist die umfassende Sanierung von ganzen Gebäuden oder Blöcken sinnvoll, aber Entscheidungprozesse mit allen Eigentümern in Planung  und Finanzierung können so manchen Sanierungswillen zum Erlahmen bringen. Will man im 1970er-Jahre-Bau oder im Gründerzeithaus eine einzelne Wohnung auf den Stand der Technik bringen, so muss man mit einer Innendämmung nicht lange auf Entscheidungen anderer warten. Die Innendämmung hat den unschätzbaren Vorteil unabhängig von Nachbarn und Witterung umgesetzt werden zu können.
Innendämmungen sind gut geeignet, wenn die Außenfassade nicht angetastet werden soll, weil sie vielleicht aus Sichtmauerwerk wie bei alten Industriebauten besteht oder stark gegliedert wie bei vielen Gründerzeithäusern ist. Innengedämmte Räume lassen sich schnell aufheizen, was für temporär genutzte Räume besonders angenehm ist. Solche Räume können etwa Gemeinschaftsräume in größeren Mehrfamilienhäusern, Tagesräume in Seniorenheimen, Veranstaltungsräume oder auch Wochenendhäuser sein. Auch für die Aufwertung von Kellerräumen ist eine Innendämmung zumeist die einzige praktikable Möglichkeit.
Im Forschungsprojekt IDsolutions wurden Leitfäden für die fachgerechte Planung und Ausführung von Innendämmungen erstellt – basierend auf den Erfahrungen aus Modellsanierungen. 19 Innendämmsysteme wurden dafür, jeweils in Kombination mit verschiedenen Energieträgern für die Heizung, nach ökologischen und ökonomischen Kriterien beurteilt.

Methodik

Lösungen, die an einem Objekt funktionieren, können nicht ohne weiteres auf ein zweites Objekt übertragen werden, dies gilt insbesondere für Sanierungen mit Innendämmung. Die Erreichung der Projektziele stellte deshalb eine besondere Herausforderung dar, die nur durch einen Ansatz, bei dem die einzelnen Komponenten der Sanierung (Innendämmung, Heizung, Lüftung) aufeinander abgestimmt und als Gesamtsystem optimiert wurden, bewältigt werden konnte. Für den jeweiligen Kontext, hier einzelne Bauperioden, wurden geeignete Lösungen entwickelt und deren Grenzen ausgelotet.

Ergebnisse

Die Erhöhung der Energieeffizienz, wirtschaftliche Umsetzbarkeit und geringe Eingriffsintensität in die Bausubstanz können durch die im Projekt entwickelten Muster-Sanierungs-Lösungen realisiert werden. Darüber hinaus tragen sie zu einer Erhöhung der Nutzerakzeptanz für hochwertige Sanierungsmaßnahmen bei und führen langfristig zu einer Steigerung der Marktdurchdringung und der Sanierungsrate.

Zielgruppen für die Umsetzung der Projektergebnisse sind private und öffentliche Bauherrn, Architekten und Baumeister, aber auch Immobilienverwalter und Projektentwickler. Die  umfassende Betrachtung des Themas, von ökologischen über technische, rechtliche, architektonische bis hin zu wirtschaftlichen Aspekten und deren marktgerechte Aufbereitung erlauben den jeweiligen Zielgruppen eine rasche Adaptierung der entwickelten Muster-Sanierungs-Lösungen auf ihr konkretes Projekt und gibt wertvolle Hinweise für die praktische Umsetzung.

Durch die Realisierung von Demonstrationsprojekten konnten spezielle Bedürfnisse der unterschiedlichen Zielgruppen bzw. Projektbeteiligten identifiziert und berücksichtigt werden. Als wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Umsetzung der Muster-Sanierungs-Lösungen ist die enge Zusammenarbeit mit den Produkt- und Systemanbietern zu nennen.

Umsetzung in die Praxis

7 Projekte – vom Keller bis zum Dachgeschoß – wurden innen gedämmt und saniert. So ergaben sich aus den praktischen Umsetzungen heraus spezielle, aber für die jeweiligen Bauepochen typische Fragestellungen, die aus rein theoretischer Betrachtung heraus im Vorfeld nicht absehbar waren. Die Ausführungsphase bei der Applikation einer Innendämmung ist von der Schnittstellen-Thematik zwischen den Gewerken geprägt. Daraus ergeben sich rechtliche, terminliche aber auch bautechnische Konsequenzen. Eine dauerhafte und schadfreie Innendämm-Maßnahme ist – eine fachgerechte Planung vorausgesetzt – nur durch geeignete Koordination der Gewerke, eine klare Leistungszuordnung und -trennung sowie Abstimmung der Gewerke untereinander möglich.
Eine Abstimmung mit dem Systemanbieter im Vorfeld, aber auch bei Unklarheiten und offenen Fragen hinsichtlich der Verarbeitung, ist jedenfalls sinnvoll. Eine Luftdichtheitsprüfung und ein Monitoring – eine messtechnische Begleitung – können als Maßnahmen zur Qualitätssicherung eingesetzt werden. Erfahrung der Projektbeteiligten im Sanierungsbereich sowie ein umfangreiches bauphysikalisches und bautechnisches Verständnis sind Garant für eine erfolgreiche Umsetzung einer Innendämm-Maßnahme von der Planung in die Praxis. [5]

2 Beispiele:

ein Wohnhaus  

Bei der Sanierung eines denkmalgeschützten Wohnhauses wurde vom Bauherrn akribisch auf die fachgerechte Planung, Ausführung, Materialwahl und Qualitätssicherung geachtet. Nach einer umfassenden Bestandsaufnahme erfolgte die Trockenlegung des Mauerwerks, die bauphysikalische, ökologische und bautechnische Betrachtung und Beurteilung aller Details, Systemkomponenten (Innendämm-System, Heizung, Fenster, Lüftung) und geplanten Maßnahmen.
Das Ergebnis dieses Prozesses: ein Gesamtkonzept bestehend aus 6 cm starker Innendämmung aus Mineralschaum-Dämmplatten, Schaumglas zur thermischen Entkopplung aufgehender Bauteile, kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung, fachgerechter Sanierung bestehender Kastenfenster und der Umsetzung eines Energie-, Klima- und Bauteil-Monitorings. Die ersten Ergebnisse aus dem Monitoring bestätigen die angestrebten Planungswerte und schließen das Risiko eines Schadens aus.

ein Kindergarten

Bei der Sanierung eines denkmalgeschützten Kindergartens (Abb. 4 bis 6) mit 8 cm Perlite-Dämmplatten, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und weiteren Maßnahmen zur Steigerung der Bauteilsicherheit und Energieeffizienz konnte durch ein Monitoring und eine detaillierte Risikobeurteilung und Optimierung der geplanten Maßnahmen eine hohe Qualität der Sanierung sichergestellt und die Bedenken von Bauherrn, Planern und Nutzern hinsichtlich möglicher Bauschäden und Belastungen der Innenraumluft sowie des Risikos der sommerlichen Überwärmung aufgrund durchgeführter Sanierungsmaßnahmen ausgeräumt werden.

Details

Für ausgewählte bautechnische Details konnten epochenbezogen Empfehlungen ausgesprochen werden. Zur thermischen Optimierung und bauphysikalischen Nachweisführung von Anschluss- und Konstruktionsdetails wurden u.a. 2- und 3-dimensionale Wärmebrückenberechnungen durchgeführt. Ein im Außenmauerwerk aufliegender Stahl-Unterzug unter einer Wohnungstrennwand, bei dem auf der einen Seite eine Dippelbaumdecke und auf der anderen Seite eine neue Stahlbetondecke anschließt. Ein auf einer Dippelbaumdecke aufliegender Stahlträger und dessen thermische Untersuchung zur Beurteilung des Risikos von Kondensat an der Oberfläche und in der Konstruktion zeigt Abb. 3–5 (Projekt Goldschlagstraße, Wien). Vorgehensweise und Beurteilungskriterien der Nachweisführung können auf ähnliche, in der Regel einfachere Detailausbildungen übertragen werden.
Die praktische Umsetzung der Muster-Sanierungs-Lösungen wurde messtechnisch begleitet, da nur mittels Bauteil-, Energie- und Komfort-Monitoring Aussagen über die Energieeffizienz, Dauerhaftigkeit und Schadensfreiheit möglich sind. Über ein Beispiel einer Kellerinnendämmung, wurde detailliert in [6] berichtet.
Im Zuge des Forschungsprojekts konnten Mess-Systeme, Messtechnik und Messabläufe auf die besonderen Anforderungen der Sanierung abgestimmt und so weiterentwickelt werden, dass diese nun für die Qualitätssicherung wirtschaftlich einsetzbar sind.

Ökologische und ökonomische Systemanalyse

Als Highlight der Ergebnisse kann der im Rahmen des Projekts für die Anforderungen der Sanierung mit Innendämmung weiterentwickelte ökonomisch- ökologische Amortisationsrechner gesehen werden. Hierbei wurden nicht nur aktuelle Kostenkennwerte erfasst, sondern auch ein Postprocessing zur anwendungsorientierten Darstellung entwickelt. Die Ausgabe der ökologischen wie auch der ökonomischen Amortisationsdauer stellt dabei ebenso eine Neuheit dar wie eine auf U-Wert bezogene Gegenüberstellung der Varianten (Abb. 6 und Abb. 7), hier für einen U-Wert der Gesamtkonstruktion von 0,35 W/m²K, bei einem U-Wert der Bestandskonstruktion von 1,5 W/m²K und Standort Wien). Für die Innendämm-Systeme wurden die Kosten hierfür in fixe und variable Kosten aufgeteilt, um diese in Abhängigkeit der Dämmstoffstärke darstellen zu können.
Mit dem Amortisationsrechner ist auch ein direkter Vergleich zweier Innendämm-Systeme und/oder Energieträger für Dämmstärken von 0 bis 20 cm möglich. Ökonomische Indikatoren – wie Amortisationsdauer oder Annuitätischer Gewinn – und Umweltindikatoren – wie Primärenergieinhalt (PE), der Beitrag zur Globalen Erwärmung bzw. Treibhauspotenzial (GWP), Versauerungspotential von Boden und Wasser (AP) – können ausgewertet und dargestellt werden.

Leitfaden für die Sanierung mit Innendämmung

Der Leitfaden ‚IDsolutions – Sanierung mit Innendämmung‘ soll Planer, Architekten und Bauherren bei Sanierungs-Projekten mit Innendämmung unterstützen und durch Vermittlung des erforderlichen Basiswissens die Zusammenarbeit und Kommunikation mit Fachplanern erleichtern, damit überzeugende Gesamtlösungen entstehen können. Anhand von Beispielen werden Hilfestellungen für die praktische Umsetzung gegeben. Der Leitfaden „IDsolutions – Sanierung mit Innendämmung“ kann auf der Homepage von „Haus der Zukunft“ (http://www.hausderzukunft.at/results.html/id7383) heruntergeladen werden.

Ausblick & Hinweise

Zusehends gelingt es den Fokus bei der Sanierung mit Innendämmung von einer rein technischen hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung zu lenken. Als besonderes Beispiel dafür ist das Kapitel Nachhaltigkeit, Lebenszyklus und Gesundheit im neuen Praxishandbuch Innendämmung des Fachverband Innendämmung e.V. zu nennen. [7]
Adaption und Berücksichtigung der Randbedingungen erlauben die entwickelten Lösungen für den mehrgeschoßigen Gebäudebestand auch auf den Gebäudebestand anderer Regionen/Städte, mit ähnlicher Baugeschichte zu übertragen.
Der Leitfaden „IDsolutions – Sanierung mit Innendämmung“ kann in Kürze auf der Homepage von „Haus der Zukunft“ (http://www.hausderzukunft.at/results.html/id7383) heruntergeladen werden
Auf www.baubook.at/awr steht seit Juni 2015 der baubook Amortisations- und Wirtschaftlichkeitsrechner für Bauteile zur Verfügung. Geplante Dämm-Maßnahmen und ihre ökologischen und wirtschaftlichen Effekte können damit rasch abgeschätzt werden und wertvolle Hinweise für die weitere Planung geben.

Literatur

  1. Steiner, T. and F. Heisinger, Innendämmung – Lösungen für den Gebäudebestand. enova 2013, 2013.
  2. Steiner, T. and F. Heisinger, IDsolutions – Lösungen für die Sanierung mit Innendämmung auf Ebene der Nutzungseinheit. Tagungsband enova 2015, 2015.
  3. Steiner, T. and V. Huemer-Kals, IDsolutions – Sanieren mit Innendämmung. Österreichische Bauzeitung, 2015.
  4. Steiner, T. and K. Keintzel-Lux, 21 Themen des gründerzeitlichen Gebäudebestands – GründerzeitToolbox Teil I. IBOmagazin, 2014. 4/14.
  5. Steiner, T., Expertenworkshop Innendämmung in der Praxis. IBOmagazin, 2015. 1/15.
  6. Steiner, T., Keller wird überwacht – Innendämmung eines Kellers mit begleitendem Monitoring. B+B Bauen im Bestand, 2015. 5.
  7. Steiner, T., Nachhaltigkeit, Lebenszyklus und Gesundheit, in Praxis-Handbuch Innendämmung, F.I.e.V. (Hrsg.), Editor. 2016, Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG: Köln.

Service

IBOprojektinfo 1/17 Innendämmung

Abb. 1: Denkmalgeschützte Fassade
© Tobias Steiner
Abb. 2: Innendämmsystem aus Perlite-Dämmplatten
© Tobias Steiner
Abb. 1: Flankendämmung von Innenwand und Ecke
Abb. 3: Detail – Auflagerbereich Stahlträger, Risiko von Kondensatbildung in zwei Bereichen
© Tobias Steiner
Abb. 4: Detail – Auflagerbereich Stahlträger, Analyse der Wärmeströme (o.M.)
© Tobias Steiner
Abb. 5: Detail – Auflagerbereich Stahlträger, Analyse der Oberflächentemperaturen (o.M.)
© Tobias Steiner
Abb. 6: Amortisationsdauer in Jahren, Versauerungspotential (AP) für ausgewählte Innendämm-Systeme; Energieträger Gas
Abb. 7: Jährliche Ersparnis GWP (Global warming potential) pro m² sanierte Bauteilfläche für ausgewählte Innendämm-Systeme; Energieträger Gas