Zum Seiteninhalt springen

Entscheidungshilfen für den Flachdachaufbau
Photovoltaik, Gründach, Solargründach

Im Zuge der Errichtung oder der Sanierung eines Gebäudes kann es verschiedene Motivationen bei der Auswahl eines passenden Dachaufbaus geben. Aufgrund der vielen Möglichkeiten ist es notwendig, diese Entscheidung ganzheitlich zu treffen. Hinsichtlich Materialökologie zeigt der OI3-Indikator vom Österreichischen Institut für Bauen und Ökologie verschiedene Umweltbelastungen auf und fasst diese vergleichbar zusammen.

BauphysikBauphysikalische NachweiseBaukonstruktionen & Baustoffe

Gründach oder Photovoltaik? Oder Solargründach!

Die Nutzung solarer Energie gewinnt aktuell zunehmend an Bedeutung. Erst 2020 sprach man sich in einer Wiener Bauordnungsnovelle für eine Verpflichtung eines Mindestmaßes an solaren Energieträgern aus. Nicht verpflichtend ist die Anlage von Gründächern, obwohl auch die Begrünung große ökologische Vorteile mit sich bringt. Um fundierte Entscheidungen treffen zu können, ist es sinnvoll, die ökologischen Auswirkungen der Systeme zu untersuchen und wenn möglich einen Vergleich anzustellen.

Die größten ökologischen Hebel beim Flachdach

Im Rahmen einer Bachelorarbeit am FH Campus Wien im Studienbereich Green Building Architektur wurde dieses Thema 2021 näher untersucht [1]. Es wurden verschiedene Aufbauten in ihre funktionalen Einzelschichten zerlegt und deren ökologische Auswirkungen aufgezeigt. Um eine hohe Aussagekraft zu erzielen, wurden massive und leichte Konstruktionen, Warmdächer, Umkehrdächer und Kaltdächer verglichen.

Unter den ausgewählten Aufbauten und Materialien konnten vor allem die Tragstruktur, die Wärmedämmung und die Abdichtung als maßgebender Stellhebel identifiziert werden. So schnitten in der Regel Bauteile mit leichterer Tragstruktur wesentlich besser ab als schwere. Bei Betrachtung der Wärmedämmungen schneiden jene auf Basis nachwachsender Rohstoffe erwartungsgemäß am besten ab.
Folien und Abdichtung haben einen überraschenden Einfluss auf die Ökobilanz. Je nachdem ob mehrlagige, bituminöse Abdichtungen oder dünne Folien zum Einsatz kommen, können schon geringe Schichtdicken einen maßgebenden Einfluss auf die Ökobilanz haben. Zusätzlich gilt es zu berücksichtigen, dass die technische Lebensdauer der Baustoffe auch von Schutzschichten wie z.B. Kies beeinflusst wird, wodurch sich die Bilanz der darunter liegenden Abdichtung wesentlich verbessert.

Unterschiede bei der Photovoltaik

Entscheidend bei der Ausführung einer Photovoltaik-Anlage ist die Auswahl des Moduls und der Orientierung. Zum Beispiel schneidet das mono-kristalline Modul mit einem Marktanteil (2019) von rund 90 Prozent nur halb so gut ab wie das CIGS-Modul (Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid; Wirkungsgrad von ~20%).
Die Schwierigkeit des Vergleichs zwischen Gründach und Photovoltaik liegt in der leichten Messbarkeit der produzierenden Eigenschaften der Photovoltaik-Anlage. Als produzierendes technisches System ist somit die Ökobilanz relativ zur Produktion darzustellen. Hiervon ist zum Beispiel auch der Wechselrichter betroffen, welcher in dieser Hinsicht desto besser abschneidet, je leistungsfähiger er ist.

Soft-Faktoren

Während die Umweltindikatoren Treibhauspotenzial, Versauerungspotenzial und der Bedarf an nicht erneuerbarer Primärenergie durch den OI3-Indikator repräsentativ abgebildet werden, werden andere Faktoren nicht abgebildet, welche es jedoch durchaus zu berücksichtigen gilt.

1.    Entlastung der öffentlichen Kanalisation durch Rückhaltung
2.    Evotranspiration gegen den urbanen Hitzeinsel-Effekt
3.    Erhöhung der Albedo gegen den urbanen Hitzeinsel-Effekt
4.    Verlängerung der Lebensdauer der Abdichtung
5.    Erhöhung der Biodiversität
6.    Möglichkeit von Urban Gardening
7.    Verbesserung der Luftqualität
8.    Reduktion des Umgebungslärms
9.    Erhöhung des Wirkungsgrades eines Photovoltaik-Systems im kombinierten Einsatz

Fazit

Die Herstellung von Gründächern und von Photovoltaik-Anlagen lässt sich mit einer Vielzahl von ökologischen Kennwerten beschreiben. Neben den ökologischen Eigenschaften für die Herstellung der verwendeten Materialien spielen die technische Lebensdauer und Nutzungsdauer ganz maßgebende Rollen bei der Bewertung der ökologischen Auswirkungen. Die Auswirkungen von Abhängigkeiten der Bauteilschichten untereinander, welche die technische Lebensdauer von darüber liegenden Schichten verkürzen, ziehen bei den betrachteten Querschnitten keine deutliche Verschlechterung der Bewertung nach sich.

Die beiden Systeme Gründach und Photovoltaik erfüllen verschiedene Funktionen, welche im Laufe des eingebauten Zustandes Emissionen und Schadstoffe reduzieren können. Eine Hilfestellung zur Entscheidungsfindung könnte mit der Kennzahl X berechnet werden (siehe Grafik).

Mit einer solchen Kennzahl „X“ könnte erkannt werden, ob ein Aufbau, eine Haustechnikinstallation oder ein gesamtes Gebäude im Laufe seiner Lebensdauer einen negativen oder positiven Einfluss auf seine Umgebung mit sich bringt. Die Kennzahl erlaubt eine Darstellung von emissionsabsorbierenden Eigenschaften. So hilft sie fundierte Entscheidungen für Flachdachkonstruktionen zu treffen.

[1] Kaufmann,S.: Dachnutzungen unter Betrachtung von Ökoindikatoren. Forschungsbereich Baumaterialien und Green Building, Wien: FH Campus Wien, Lehrgang Architektur – Green Building, 2021

Kontakt

Kennzahl X
© GrünStattGrau