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Wenn es im neu renovierten Schlafzimmer nach altem Maschinenöl riecht
und eine Sanierungsfirma die Empfehlung in den Wind schlägt …

Im Jahr 2016 zog eine Familie in ein neu renoviertes Haus in Wien ein. Seit dem Einzug existierte im Schlafzimmer ein störender Geruch, der an altes Maschinenöl erinnert. Alle anderen Räume waren geruchlich unauffällig. Es handelt sich um ein Hofhaus, das früher als Werkstätte genutzt wurde – Fotos der Wände im Schlafzimmer aus der Renovierungsphase liegen vor. Es waren großflächige Verfärbungen am originären Ziegelmauerwerk der nördlichen und der östlichen Wand ersichtlich.

SanierungMessung & Monitoring

Vor dem Beginn der Umbauarbeiten mit Architekten und Bauaufsicht wurden alle Wände auf Feuchtigkeit und bauschädliche Salze untersucht. Es ist anhand der Fotos und dem ausführlichen Bericht erkennbar, dass Proben genau von den verunreinigten Stellen genommen wurden. Leider wurden zu diesem Zeitpunkt noch nicht die richtigen Schlüsse gezogen.

Nachdem sich die Situation innerhalb von zwei Jahren nicht besserte, wurde überlegt, der Sache auf den Grund zu gehen. So fanden im November 2018 erste gebäudediagnostische Untersuchungen statt. Sensorische Geruchsprüfungen durch nach ÖNROM S 5701 zertifizierte Personen zeigten, dass im Schlafzimmer ein lösungsmittelartiger Geruch bzw. ein Geruch nach einem alten Mineralölprodukt deutlich wahrnehmbar war. Das Ergebnis der Geruchsprüfung wurde durch eine chemisch-analytische Raumluftmessung untermauert. In der Luft des Schlafzimmers wurden flüchtige organische Verbindungen (VOCs), deren Zusammensetzung auf Emissionen aus einem Mineralölprodukt hinwiesen, in auffälligen Konzentrationen nachgewiesen – es lag eine über das übliche Maß hinausgehende, hygienisch unerwünschte Belastung der Raumluft vor.    

Mit einem direkt anzeigenden VOC-Orientierungsmessgerät (Photoionisationsdetektor) konnte bereits vor Ort erkannt werden, dass die höchsten VOC-Konzentrationen an Durchbrüchen der Vorsatzschalen (z. B. bei Steckdosen und Lichtschaltern) an der östlichen Schlafzimmerwand vorlagen. Die VOC-Konzentration lag beispielsweise an der Steckdose und im Bereich des Lichtschalters beim etwa 9–10 fachen von üblichen Innenraumkonzentrationen. Zum Vergleich: Typische VOC-Konzentrationen in unbelasteten Innenräumen liegen deutlich unterhalb von 1 ppm.
Durch das Zusammenführen der bestehenden alten Fotodokumentation und der chemisch-analytischen Prüfungen konnte bereits am ersten Tag der Untersuchung ein möglicher Zusammenhang zwischen den großflächigen Verfärbungen am originären Mauerwerk und der VOC- und Geruchsbelastung vermutet werden. Zur eindeutigen Identifizierung der Geruchsquelle wurde im nächsten Schritt eine Materialprobe aus der originären nördlichen Schlafzimmerwand entnommen und sowohl geruchlich als auch chemisch untersucht.
Wie bereits vermutet wurde, führte die sensorische Geruchsprüfung der entnommenen Ziegelprobe zum selben Ergebnis wie die Geruchsprüfung der Raumluft. Die chemische Untersuchung der Materialprobe wurde mittels Headspace-Technik durchgeführt, bei der die von der Probe emittierten flüchtigen organischen Substanzen aus dem Gasraum des Probengefäßes direkt in einen Gaschromatographen mit gekoppelten Massenspektrometer (GC-MS) injiziert wurden. Auf diese Weise konnte das VOC-Spektrum der Raumluft mit dem charakteristischen Spektrum der Materialprobe verglichen werden. Die Gegenüberstellung beider Spektren zeigte deutliche Übereinstimmungen im mittel- bis schwerflüchtigen Siedepunktbereich.

Zum Nachweis, dass es sich bei den von der Ziegelwand emittierten Substanzen um Verbindungen aus einem Mineralölprodukt handelt, wurde eine in Mineralöl getränkte Materialprobe aus einer früheren Untersuchung ebenfalls einer Headspace-Untersuchung unterzogen. Die Mineralöl-Probe zeigte genauso deutliche Übereinstimmungen mit dem Spektrum der Raumluft.

Mit den durchgeführten Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass als Quelle für die Geruchs- und VOC-Belastung im Schlafzimmer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das mit Mineralöl kontaminierte Ziegelmauerwerk angenommen werden kann.
Nachdem die Quelle und die Ursache zweifelsfrei geklärt waren, wurden die Möglichkeiten für eine nachhaltige Sanierung erörtert. Neben dem Austausch des kontaminierten Ziegelmauerwerks, welcher nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand realisierbar erschien, wurde eine Sanierung mit einer speziellen aluminium-kaschierten Tapete empfohlen.

Im März 2020, etwa ein Jahr später, waren erste Sanierungsmaßnahmen umgesetzt. Entgegen des Vorschlags wurden die betroffenen Wände lediglich beschichtet. Laut technischem Merkblatt wurde eine 2-komponentige, flexible Reaktivabdichtung für Kellerwände, Fundamente und Betonbauteile gegen Bodenfeuchtigkeit, aufstauendes Sickerwasser und drückendes Wasser verwendet. Weiters war der Dokumentation zu entnehmen, dass das Produkt wasserdampf-diffusionsfähig ist. Der Auftraggeberin wurde vom Sanierungsunternehmen schriftlich zugesichert, dass dieses Produkt für den Anwendungsfall geeignet und genauso effizient wie die von uns empfohlene aluminium-kaschierte Tapete ist.
Einige Wochen nach der Sanierung wurde der ursprüngliche Geruch im Schlafzimmer immer stärker wahrgenommen und wir wurden erneut mit einer Überprüfung beauftragt. Im Rahmen einer Sanierungskontrollprüfung war nach wie vor ein Geruch in der bekannten Qualität wahrnehmbar und eine Belastung der Raumluft durch die bei der ersten Prüfung analytisch festgestellten flüchtigen organischen Substanzen gegeben. Obwohl sowohl die Geruchsintensität als auch die VOC-Konzentrationen in einem geringeren Bereich als bei den ersten Untersuchungen lagen, waren die durchgeführten Sanierungsschritte als unzureichend zu bewerten.

In den darauffolgenden Monaten wurden die bereits zuvor empfohlenen Sanierungsschritte mit der aluminium-kaschierten Tapete durchgeführt, wobei besonders auf die Herstellung einer luftdichten Ebene zwischen den kontaminierten Wänden und der Raumluft geachtet werden musste. Insbesondere waren diverse Wegigkeiten zwischen Geruchsquelle und Raumluft, wie beispielsweise Elektroleitungen und Anschlüsse, sorgfältig abzudichten.

Nach der wiederholten Sanierung fand im Juli 2021 eine abschließende Kontrollmessung statt. Im Schlafzimmer war kein artfremder Geruch mehr wahrnehmbar und die chemische Untersuchung der Raumluft ergab eine sehr geringe VOC-Konzentration, die der identifizierten Quelle zuzuordnenden chemischen Verbindungen waren analytisch nicht mehr nachweisbar.
Das Schlafzimmer war nun endlich für den vorgesehen Wohnzweck nutzbar.

Fazit aus dem interessanten Fall ist, dass bei Sanierungen und Umbauten mit offenen Augen eine Begehung durchgeführt und insbesondere der sensorischen Geruchsprüfung besondere Beachtung geschenkt werden sollte. Dann hätte die Kontamination der Ziegelwände, von mehreren Professionisten vor Ort, schon vor Beginn der Renovierung erkannt werden können. Weiters kann gesagt werden, dass die Sanierung von kontaminierten Baustoffen, die nicht ausgetauscht werden konnten, unter Verwendung einer aluminium-kaschierten Tapete der Firma Valutect, bisher immer von Erfolg gekrönt war.

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