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Stolpersteine auf dem Gründach
Gründachaufbauten normgerecht und funktionierend

Wer ein Flachdach baut, hat die Chance ein Gründach zu verwirklichen und damit für Wasserrückhalt, natürliche Kühlung, Lebens- und Erholungsraum zu sorgen. Nachdem die Abdichtung aufgebracht ist, kommen dafür verschiedene Systeme in Frage. Den Stand der Technik, Dränage-, Vegetations- und Wasserspeicherschichten, mögliche Dachneigungen und Pflanzenauswahl für langlebige Gründächer und wie normgerechte, funktionierende Aufbauten umgesetzt werden können, stellte Experte Christian Oberbichler von DACHGRÜN GMBH WIEN, Dipl.-Ing. Landschaftsplanung, Dipl. Umwelttechniker und Univ. Lektor BOKU Wien im IBO Werkstattgespräch vor.

Baukonstruktionen & Baustoffe

Rein ökobilanziell gesehen, schneidet die Konstruktion Steildach z.B. mit Betondachsteinen für gewöhnlich besser ab als ein Flachdach. Ökobilanzen berücksichtigen aber nicht, wo und wie Regenwasser versickert, ob Überhitzung durch ein Gründach gemildert werden kann und die Freude über ein paar Beerensträucher, Blumen und Bienen am Dach ist auch nicht mit Ökobilanzindikatoren berechenbar. Wenn also ein Flachdach errichtet werden soll, dann soll es auch genutzt werden, besonders nützlich als Gründach kombiniert mit Photovoltaikelementen.

Gründach - Klimaanlage und Naturraum

Wird ein Dach abgedichtet, so muss nicht nur für Wasserundurchlässigkeit von oben gesorgt werden, es muss auch gedämmt werden und verhindert werden, dass sich Feuchte in der Konstruktion dauerhaft anreichert. Das bedeutet auch, dass die Abdichtungsschicht vor Durchwurzelung geschützt und Kondenswasserbildung vermieden werden muss.  PVC wird als Dachbahn - zumindest in Österreich - nicht mehr verwendet. Zum Einsatz kommen üblicherweise Bitumenbahnen, die mit mikroverkapselten Bioziden ausgerüstet, am Kürzel WF (für wurzelfest) erkennbar sind.  Kunststoffbahnen TPO/FPO sind biozidfrei, so wie es die Stadt Wien für die Förderung von Gründächern verlangt. Für die Aufbauten gibt es seit 2010 eine sogenannte L-Norm, die im Baubereich nicht so bekannt ist. Die ÖNorm L 1131 Begrünung von Dächern und Decken beschreibt die optimalen Aufbauten hinsichtlich Dichtheit, Verarbeitbarkeit und Langlebigkeit. Was den Gründachaufbau über der Abdichtung anlangt, gibt es auch langjährige Erfahrungswerte. Seit 25 Jahren werden Gründächer beforscht und es ist längst kein Experiment mehr einen funktionierenden Aufbau zu verwirklichen. Fachfirmen garantieren nicht nur den passenden Aufbau, sondern stellen auch die geeigneten Pflanzen zur Verfügung.

Extensiv und intensiv

Unterschieden wird zunächst in Intensiv- und Extensivbegrünung.
Eine reduzierte Intensivbegrünung braucht einen Aufbau ab 15 cm Dicke, für Rasen am Dach sind 20 cm nötig, wenn auch Bäume wachsen sollen entsprechend mehr. Eine Extensivbegrünung mit wasserspeichernden Sedumpflanzen kann schon ab 8 cm duchwurzelbarer Aufbaudicke funktionieren.

Solch eine Extensivbegrünung kann als Einschichtaufbau ausgeführt werden, wenn min. 3 % Gefälle lt. Norm für eine Entwässerung sorgen. Besser für die Regenwasserretention wäre eine vollflächiger Anstau, also ein 0%-Dach. Solch eine Konstruktion würde bei (den immer häufiger werdenden) Starkregenereignissen, mehr Wasser zurückhalten und damit die Kanalisation entlasten. Dächer dieser Art wurden schon gebaut, sie sind aber seit 2012 nicht mehr normgerecht, die Sorge über mögliche Undichtheiten war zu groß. Technisch gesehen machbar, gibt es  Bestrebungen, diese vorteilhafte Art wieder normgerecht ausführbar zu machen.

Biodiversität

Abhängig von der Aufbauhöhe und der gewählten Pflanzengesellschaft ist auch bei einer extensiven Begrünung Vielfalt an Pflanzen und Tieren, also eine große Biodiversität möglich. Ab einer durchwurzelbaren Mindest-Aufbauhöhe von 12 cm können in Österreich extensive Sedum Gras Kraut Gesellschaften etabliert werden, welche die größte Artenvielfalt seitens Flora mit sich bringen. Durch unterschiedliche Schichtstärken, durch Aufhügelungen und weitere Oberflächenausgestaltung wie für die Biotop- und Biodiversitätsdächer aufgezeigt, lässt sich durch Schaffung vieler unterschiedlicher Lebensräume auf kleinster Fläche auch die Vielfalt der Fauna entsprechend steigern. Mit heterogenen Strukturen lässt sich ebenso wie am Erdboden, für Biodiversität sorgen. Das bedeutet Totholz, Wasserflächen, Sand und Steine zu platzieren, die für Insekten, aber auch für Vögel Lebensraum bieten,

Auch mit den heute normgerechten Aufbauten wird beim Intensivdach, übers Jahr gerechnet, 90 % des Niederschlags gespeichert. Die Verdunstung kühlt die Umgebung ebenso wie die darunterliegenden Räume. Dennoch muss ein Intensivdach bewässert werden, am besten automatisch, damit das wertvolle Wasser so effizient wie möglich zu den Pflanzen gebracht wird.
Überschusswasser vom Dach sollte bei Neubauten am Grundstück versickern, oft gibt es dazu schon eine Vorgabe oder auch Verpflichtung von der Gemeinde, abhängig von der Aufnahmefähigkeit der örtlichen Böden. Das Speichern in Zisternen und die Wiederverwendung als Gießwassser für den Garten sollte bei der Gartenplanung eigentlich schon Standard sein.

Aufbauten

Gründachaufbauten bestehen zumeist aus einer Schutzlage für die Abdichtung, darüber die umgangssprachlich als Eierbecher bezeichnete Dränschicht (aus rezykliertem PE-Kunststoff), ein Filtervlies, damit das darüberliegende Substrat die Dränschicht nicht verschlämmt und darauf die Bepflanzung. Als Substrat wird das Gemisch aus mineralischen und organischen Komponenten bezeichnet, das auf dem Gründach den Oberboden ersetzt. Es muss sehr saugfähig sein und darf nicht zu schwer werden. Statt Pflanzerden ungewisser Herkunft aus dem Ausland zu beziehen wird heute auf kurze Transportwege und lt. Norm zertifizierte Produkte geachtet. Recyclington aus Ziegelbruch ist gut geeignet, wird aber nicht so oft eingesetzt, wie aus Sicht der Wiederverwertung wünschenswert wäre.

Während die Pflege von Intensivdächern eher der Gartenarbeit gleicht, genügt beim Extensivdach ein jährlicher Kontrollgang, bei dem eventuelle Schäden und die Überläufe kontrolliert werden und angeflogene Gehölze, meist von Pionierpflanzen wie Birken oder Pappeln entfernt werden.

Auch Dächer, die mit Photovoltaik-Modulen bestückt werden, können begrünt werden. Angeboten werden durchdringungsfreie Elemente, an denen die PV befestigt wird und die statt mit Kies oder Betonplatten mit dem Substrat beschwert werden. Dachausbauten in der Nachverdichtung funktionieren gut mit dem Holz-PV Dachgarten - siehe www.grünstattgrau

Das Gründach wird gefördert

Weil Gründächer eine Möglichkeit sind, auf den Klimawandel zu reagieren, werden sie, zum Beispiel in Wien, gefördert. Auch wenn Gründächer einen komplexeren Aufbau als übliche Steildächer haben, bieten sie einen unschätzbaren Ausgleich für die steigende Versiegelung und den Bodenverbrauch, sowohl in Stadt- als auch in ländlichen Gebieten. Auch Steildächern können begrünte Aufbauten Damit mehr Gründächer Wirklichkeit werden, müssen Bauherren und Planende mehr darüber wissen, es sollte in den Wohnbauförderungen stärker berücksichtigt werden und es muss mit dem Energieausweis berechenbar sein. Die technische Machbarkeit ist längst bewiesen, die breite Umsetzung wird kommen.

Mehr Informationen:

Vortrag Christian Oberbichler beim IBO Werkstattgespräch am 23. 4. 2020

Förderungen der Stadt Wien hier MA 22 fördert die Errichtung von Gründächern (inkl Beratungsleistungen) mit bis zu 20.000 € für private GebäudeeigentümerInnen

https://www.wien.gv.at/amtshelfer/umwelt/umweltschutz/naturschutz/dachbegruenung.html

Wissensvermittlung bei grünstattgrau

https://gruenstattgrau.at/services/wissensvermittlung-sichtbarkeit-qualifizierung/

Biozidfreie Dachbahnen – siehe Liste auf grünstattgrau Infomaterial

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