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Holzbau heute – ein Gespräch mit einem Praktiker
48 % Prozent Österreichs ist mit Wald bedeckt. Was also liegt näher, als einen Teil des Holzes zu verbauen?

BauphysikBaukonstruktionen & Baustoffe

Das „Gewusst wie“ ist aber auch beim Holzbau wichtige Voraussetzung für gelungene Bauten, die energieeffizient, komfortabel, langlebig, gut wiederverwertbar und entsorgbar sein sollen. Dichtheit, Emissionsfreiheit und tadellose Holzherkunft sind dabei Kriterien von besonderer Bedeutung. Wie das der Zimmermeister Bernd Strahammer sieht, hat er im Gespräch mit Barbara Bauer erzählt.
 

Dichtheit

Manchmal werden Stimmen laut, die verkünden, dass unsere Häuser besser nicht so dicht gebaut werden sollen, es werde uns noch die Luft ausgehen. Wer aber heute baut, der sollte wissen, dass luftdichtes Bauen absolut unumgänglich ist. Die Argumente sind bekannt: Schon kleine Undichtheiten können zu Kondensat in der Dämmung führen und damit zu schlechterer Dämmwirkung und zu Schäden. Für angenehme Temperaturen bei gleichzeitig wenig Energieverbrauch ist Luftdichtheit eine Grundvoraussetzung.
Die Komfortansprüche von Kunden sind sehr hoch – niemand will Eisblumen auf der Tuchent oder mit dickem Pullover und eingekuschelt in eine Decke im Wohnzimmer sitzen, sagt Bernd Strahammer von der Zimmerei Graf.  Das bedeutet letztendlich, dass die Gebäudehülle passivhaustauglich sein muss. Standardkonstruktionen im Holzbau bestehen daher nicht nur aus aussteifenden Elementen mit Beplankungen, sondern auch aus Dämmstoffen,  die als Putzträger oder zur direkten Beschichtung eingesetzt werden. Oft sind sie aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, etwa aus Holzfasern, Hanf oder dem Sekundärrohstoff Zellulose aus Altpapier wie etwa Thermofloc.
Von Anfang an hat Zimmerei Graf solche Dämmstoffe verwendet, denn sie passen zum Holz als nachhaltigem Baustoff, verhalten sich ähnlich und sind kostenmäßig vertretbar. Dass der sommerliche Wärmeschutz damit erfüllbar ist, ist ein zusätzliches Argument.
Wie Bernd Strahammer sagt, kann der Zimmerer mit den verschiedenen Schichten umgehen, weil er das schon lange so macht. Konstruktionen wurden in den letzten Jahren wenig fehleranfällig gemacht. Die luftdichte Schicht wird standardmäßig mit OSB-Platten oder mit der naturepluszertifzierten  Biofaser Funderplan hergestellt.  Weil Installateur und Elektriker natürliche Feinde der Installationsebene sind, verwendet die Zimmerei Graf keine Folien an den Wänden.
 

Innenraumluftqualität

Flüchtige Substanzen wie etwa Lösungsmittel bei Lacken, aber auch Aldehyde bei Hölzern können Wohlbefinden und Gesundheit beeinträchtigen. Bei Gebäudebewertungen wird daher die Verwendung emissionsarmer Produkte, zum Beispiel solche mit dem natureplus-Prüfzeichen, abgefragt. Oft werden auch Raumluftmessungen mit Punkten belohnt. Bei klimaaktiv werden Werte unter 3 mg (= 3.000 Mikrogramm) Volatile Organic Compounds (VOC) verlangt. Bei Ergebnissen zw. 1.000 und 3.000 Mikrogramm/m³ ist eine Detailanalyse erforderlich.
Erfahrungsgemäß ist es im Holzbau möglich, Werte um die 1000 Mikrogramm oder besser einzuhalten, wenn emissionsarme Produkte ausgewählt werden.
Emissionen von Baustoffen sind zumeist gering im Vergleich zu denen von Möbel und Anstrichen, dennoch sind gerade im Holzbau schon manchesmal erstaunlich hohe Konzentrationen gemessen worden.
Die Zimmerei Graf verwendet standardmäßig für den Innenausbau Gipsfaserplatten, auf die oft Lehm- oder Kalkputz aufgetragen wird. Der Dämmstoff Thermohanf ist mit dem natureplus-Qualitätszeichen ausgezeichnet. OSB-Platten mit überprüfter Emissionsarmut sind am Markt kaum erhältlich. Nachgewiesenermaßen raumluftfreundliche Alternativen wie Biofaser FunderPlan, Fichten-Rauhschalung, die allerdings eine Folie erfordert, oder die als schadstoffabbauend beworbene greenline-Gipsfaserplatte sind mit höheren Kosten verbunden, werden auf Wunsch aber gerne eingesetzt.
Auch das Klebeband für die Luftabdichtung kann VOC-Emissionen verursachen. Eine immer wiederkehrende Frage ist auch die nach der Haltbarkeit der Bänder. Verwendet werden solche mit einem Herstellerzertifkat für 100 Jahre Lebensdauer (nachgewiesen durch künstliche Alterung). Der Preisunterschied bei den Bändern ist beachtlich – die Spanne liegt zwischen 2–4 ct und 60–70 ct/lfm, hier gibt es aber keine Wahlmöglichkeit: verwendet wird das Qualitätsband.
 

Holzherkunft

Wenn Holz aus der Umgebung kommt, ist davon auszugehen, das eine nachhaltige Bewirtschaftung durch mitteleuropäische Gesetzgebung sichergestellt ist und Transportwege kurz sind. Andernfalls soll sichergestellt werden, dass kein Raubbau betrieben wird, keine gentechnisch veränderten Bäume verwendet werden, die Menschenrechte gewahrt bleiben und die Bestände besonders schützenswerter Wälder nicht angegriffen werden.
In der Grundlagenrichtlinie 5002 von Natureplus sind die Erfordernisse beschrieben.
Es geht aber nicht nur um den Schutz von Wäldern und Menschen, sondern auch um eine möglichst schonende Trocknung der Hölzer: Die Energie dazu soll aus erneuerbaren Quellen stammen und der Wirkungsgrad der Anlage möglichst gut sein.
Als Nachweis für die Holzherkunft werden für europäisches Holz das Zertifikat von FSC oder PFC anerkannt. Jedoch ist zu beachten, dass Holz durch viele Hände und Maschinen geht, bevor es verbaut wird und daher der Nachweis über die gesamte Lieferkette, die Chain of Custody (CoC), zu führen ist. Das bedeutet, das beim Lieferschein für den Endverbrauch unbedingt vermerkt sein muss, dass das Holz zertifiziert ist, weil eine sinnvolle Überprüfung bei den Lieferanten sonst unmöglich wird.
Kleinere Betriebe können und wollen sich die oft auch bürokratisch aufwändige Zertifizierung nicht leisten. Dann muss Vertrauen in den Lieferanten die Überprüfung durch Dritte ersetzen. Im Falle der Zimmerei Graf erfolgt dies durch Waldbesuche mit dem Sägewerker ca. einmal im Jahr. Verwendet wird für gewöhnlich kammergetrocknetes und dann maßhaltig gehobeltes Holz.
 

Rückbau

Als herstellender Betrieb beschäftigt sich die Zimmerei in der Praxis nicht mit dem Rückbau. Theoretisch sind die Holzbauten jedoch trennbar und leicht zu entsorgen.  
Viele Holzhäuser sind klimaaktiv zertifiziert. Bernd Strahammer ist langjähriger Kompetenzpartner von klimaaktiv, stößt bei der Zertifizierung im oberen Weinviertel jedoch auf Hindernisse: Wegen der schlechten öffentlichen Anbindung und Infrastruktur ist dieses Musskriterium bei vielen Einfamilienhäusern nicht erfüllbar und damit eine klimaaktiv-Zertifizierung nicht möglich.
 

Architektur

Architektonisch herausragende Bauten werden regelmäßig mit Holzbaupreisen bedacht. Von der Zimmerei Graf  wurde in der Kategorie Öffentliche- und Kommunalbauten  der  Um- und Zubau des Pfarrhofs Falkenstein für den NÖ Holzbaupreis 2016 eingereicht. Dieses Gebäude war eine besondere Herausforderung in Geometrie und dem sichtbaren Einsatz von Holz. Obwohl die Enzyklika „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ von Papst Franziskus kein Thema war, wurde von der Kirche ein ökologisch anspruchsvolles Gebäude errichtet.
Über die Ordination Dr. Ulrich Schmied: die Zahnfee haben wir im IBOmagazin 1/2016 berichtet. Auch dieses Gebäude wurde eingereicht. 2012 wurde das Nullenergiehaus Langenzersdorf mit dem Publikumspreis bedacht.
 

Holzbau heute – besser denn je

Viele Holzbaufirmen können die Anforderungen der Energieeffizienz-Richtlinie erfüllen – mit gut geschulten Mitarbeitern in Planung und Ausführung, mit nachweislich guten Baustoffen und mit gewerkeübergreifender Zusammenarbeit werden  Häuser der Zukunft schon heute gebaut.
 

Forschungszeitraum

Juni 2017 –

Kontakt

Der Um- und Zubau des Pfarrhofs Falkenstein, Planung und Ausführung: Zimmerei Graf
Tab. 1: Bewertung der VOC- und Formaldehyd-Emissionen nach dem klimaaktiv-Schema